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SR013: Die Konzentration in der Veredlungswirtschaft

Werner Pevetz

Die Konzentration ist ebenso wie die eng mit ihr zusammenhängende Spezialisierung ein für die heutige wirtschaftliche Entwicklung typischer Vorgang, der auch vor der Landwirtschaft nicht halt macht. Die Konzentration kann zur Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbskraft der bäuerlichen Familienbetriebe beitragen, diese aber auch gefährden.

Im Agrarbereich sind die Konzentrationserscheinungen in jenen Zweigen der Tierhaltung, die nicht an eine wirtschaftseigene Futtergrundlage gebunden sind, besonders ausgeprägt, da hier die Ausweitung des Produktionsumfanges unabhängig von der meist nur schwer zu vergrößernden Betriebsfläche erfolgen kann.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen betrieblicher und unternehmensmäßiger Konzentration. Die betriebliche Konzentration führt unmittelbar zu einer Vergrößerung des Produktionsapparates bzw. des Umsatzes je Betrieb, während die unternehmensmäßige Konzentration auch unabhängig von einer Vergrößerung der einzelnen Produktionseinheiten erfolgen kann und sich in diesem Fall auf eine organisatorische Zusammenfassung mehrerer Betriebe und Wirtschaftsstufen bezieht. Beide Konzentrationsformen spielen in der modernen Tierhaltung eine Rolle.

Innerhalb der betrieblichen Konzentration (Konzentration im Produktionsbereich) muß in der Tierhaltung unterschieden werden zwischen allgemeiner und spezieller Konzentration. Die allgemeine Konzentration zeigt sich darin, daß ein gleichbleibender oder sogar zunehmender Tierbestand sich auf immer weniger Halter verteilt, wodurch der durchschnittliche Bestand je Halter zunimmt; die spezielle Konzentration dagegen meint die Entstehung von Großhaltungen mit weit über dem Durchschnitt liegenden Bestandesgrößen. Diese Unterscheidung ist deshalb von Bedeutung, weil sich die allgemeine Konzentration bisher ganz überwiegend in bäuerlichen Betrieben vollzieht, deren Wettbewerbskraft und Einkommensergiebigkeit dadurch gestärkt wird, während die spezielle Konzentration, also die Entstehung von Großhaltungen, oft außerhalb der Landwirtschaft erfolgt und für die bäuerlichen Betriebe mit einem Verlust an Marktanteilen und somit an Produktionsmöglichkeiten verbunden ist. In der Sicht der bäuerlichen Landwirtschaft und einer ihr dienenden Agrarpolitik wird infolgedessen die allgemeine Konzentration überwiegend positiv, die spezielle Konzentration dagegen überwiegend negativ zu beurteilen sein.

Eine Untersuchung der allgemeinen Konzentration zeigt ausgeprägte Unterschiede nach Ländern und Tiergattungen. Länderweise gegliedert ist sie - abgesehen von den politisch bedingten Sonderverhältnissen in einigen Oststaaten - am stärksten ausgeprägt in Großbritannien, den USA, den Niederlanden und einigen skandinavischen Ländern, nach Tiergattungen gegliedert am schwächsten bei Milchvieh und am stärksten bei Mastgeflügel. Österreich ist ein Land mit sehr geringer allgemeiner Konzentration in der Tierhaltung.

Die spezielle Konzentration vollzieht sich zum Teil in großbäuerlichen Betrieben mit wirtschaftseigenem Futter, zum Teil jedoch außerhalb der Landwirtschaft in industriellen Produktionsanlagen; dabei besteht häufig ein unternehmensmäßiger Verbund mit der Futtermittelindustrie, doch sind Kombinationen von "Tierfabriken" mit verschiedenen Industriezweigen bekannt. Nach den dem Verfasser vorliegenden Informationen scheint die Zahl der industriellen (landwirtschaftsfremden) Tierhaltungen, abgesehen von Großbritannien und dem Ostblock, in Europa bisher eher gering zu sein, doch ist hier weniger die Zahl der Haltungen als ihre Größe von Bedeutung: bereits wenige sehr große Haltungen können nämlich zu schwerwiegenden Marktstörungen sowie zu einer Verdrängungskonkurrenz führen.

Im Gegensatz zu einer verbreiteten Ansicht entsprechen sehr große Haltungen nicht dem betriebswirtschaftlichen Optimum. Die Betriebswirtschaftslehre steht übereinstimmend auf dem Standpunkt, daß zur Erzielung befriedigender Rationalisierungseffekte auch Bestandesgrößen ausreichen, die durchaus noch in bäuerliche Familienbetriebe hineinpassen; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn man sich nicht nur an einer schematischen Kostendegression orientiert, sondern außerdem die bei wachsender Bestandesgröße überproportional zunehmende Risikobelastung in Rechnung stellt.

Die relativen Vorzüge von Großhaltungen liegen nämlich ausschließlich im arbeitswirtschaftlichen Bereich; sieht man von diesem ab, so treten spezifische Nachteile stark in den Vordergrund: bedeutende tierhygienische Probleme, als Folge davon ein hohes biologisches Risiko, Gefahren der Qualitätsverschlechterung des Produktes, gewaltige Kapitalinvestitionen = hohe Festkostenbelastung der Erzeugung, woraus sich gegebenenfalls die Notwendigkeit ergibt, auch bei Absatzkrisen weiterzuproduzieren, was erfahrungsgemäß zu einem Zusammenbruch der Märkte führt, sofern nicht kostspielige staatliche Stützungsmaßnahmen eingeleitet werden. Die Ausbreitung von Großhaltungen industriellen Zuschnitts fördert nicht die Marktanpassung der Erzeugung, sondern die Überproduktion; es darf daher volkswirtschaftlich von einer Fehlleitung von Kapital gesprochen werden. Manchmal ist Unwirtschaftlichkeit aus steuerlichen Gründen geradezu das Ziel solcher Produktionen.

In Österreich sind allerdings - wie in den meisten europäischen Ländern - die durchschnittlichen Tierhaltungen auch in betriebswirtschaftlicher Sicht viel zu klein; in dieser Sicht erscheint daher aus agrarstrukturpolitischen Gründen eine Forcierung der allgemeinen Konzentration dringend geboten und durchaus förderungswürdig. Diese Aussage ist jedoch sogleich durch den Hinweis einzuschränken, daß in Anbetracht der weitgehenden Marktsättigung auf dem gesamten Veredlungssektor sowie in Hinblick auf die Erhaltung handelspolitisch notwendiger "Importlücken" in der Geflügelwirtschaft eine mit einer Vergrößerung der Gesamtbestände verbundene Konzentration praktisch nicht zu vertreten wäre. Die einzelbetriebliche Konzentration sollte in der Sicht des Marktes nur in dem Maße fortschreiten, als Haltungen aufgelöst und dadurch Kapazitäten frei werden; dieser Rückbildungsprozeß ist zwar längst im Gang, er vollzieht sich jedoch nur in kleinen Schritten überwiegend aus allgemeinen betriebswirtschaftlichen und sozialökonomischen Gründen und kann seitens der Agrarpolitik höchstens indirekt gefördert werden (am ehesten bei Milchvieh, am wenigsten bei Geflügel); die spontane Rückbildung der Zahl der Haltungen reicht jedenfalls bei weitem nicht aus, um eine zügige Aufstockungspolitik auf dem Veredlungssektor in marktwirtschaftlicher Hinsicht verantworten zu können. Auch ein Veredlungsschutzgesetz würde an dieser Tatsache nichts ändern; es könnte bestenfalls dazu führen, daß die insgesamt mögliche Produktion der Landwirtschaft im allgemeinen bzw. den einer inneren Aufstockung bedürfenden bäuerlichen Betrieben vorbehalten bleibt.

Gerade in Hinblick auf die zunehmend schwieriger werdende Marktlage erscheint jedoch ein gesetzlicher Schutz der Tierhaltung vor unerwünschten Formen und Ausmaßen der Konzentration agrar- und gesellschaftspolitisch durchaus interessant. Allerdings muß zuvor geklärt werden, auf welche Formen der Konzentration sich ein solcher Schutz beziehen soll: soll der allgemeinen Konzentration eine - etwa bei der betriebswirtschaftlich gebotenen Mindestbestandesgröße zu ziehende - obere Grenze gesetzt oder sollen lediglich extrem große Haltungen verhindert werden? Sollen solche Großhaltungen ganz allgemein untersagt werden, oder soll sich das Verbot lediglich auf industrielle, also landwirtschaftsfremde "Tierfabriken" beziehen? Geht es also um die Sicherung eines Vorranges der landwirtschaftlichen (d. h. an eine gewisse Bodenproduktion gebundenen) Tierhaltung schlechthin - gleichgültig, um welche Bestandesgrößen es sich dabei jeweils handelt, oder soll die Veredlung insbesondere in den kleineren (flächenarmen), einer inneren Aufstockung bedürfenden Familienbetrieben geschützt werden? Im letzteren Fall - wofür in der vorliegenden Studie eingetreten wird - empfiehlt sich ein allgemeines Limit, das auch der Konzentration innerhalb der Landwirtschaft einen Riegel vorschiebt. Ein solches Vorgehen hätte außerdem verfassungsrechtliche Vorteile (Vermeidung einer einseitigen Diskriminierung), wäre allerdings agrarpolitisch problematischer (Widerstand seitens der großbäuerlichen Betriebe).

Grundsätzlich bestehen folgende Möglichkeiten eines jeweils mehr oder minder weitgehenden Veredlungsschutzes: Festlegung steuerrechtlicher Grenzwerte, förderungs- und preispolitische Differenzierungen, Festlegung hygienischer Mindestanforderungen, Einführung einer Lizenzpflicht für Großhaltungen oder Haltungen, die nicht mit landwirtschaftlichen Betrieben in Verbindung stehen, Bindung der Tierhaltung an die landwirtschaftliche Bodennutzung (z.B. degressiver GVE-Hektarsatz), Festlegung einer allgemeinen Obergrenze - oder spezielles Verbot der industriellen Tierhaltung. Von allen diesen Maßnahmen ist die letztgenannte verfassungsrechtlich am fragwürdigsten.

In mehreren europäischen Ländern ist es von seiten der Bauernverbände oder der bäuerlichen Landwirtschaft nahestehenden Abgeordneten zu Initiativen für eine Veredlungsschutzgesetzgebung gekommen. Diese beziehen sich im allgemeinen auf die Festsetzung von allgemeinen Höchstgrenzen für die zulässigen Bestandesgrößen bzw. auf die Einführung einer Lizenzpflicht für Großhaltungen; besonders ansprechend erscheint der Entwurf des Schweizerischen Bauernsekretariats. Bisher wurde allerdings lediglich in Frankreich ein gewisser Schutz durch förderungspolitische Maßnahmen sowie durch Einführung eines Lizenzzwanges für Großhaltungen erreicht. Die EWG verhält sich ablehnend. In Österreich besteht nur eine gewisse Benachteiligung "gewerblicher" Tierhaltungen auf steuerlichem Gebiet sowie eine potentielle Beschränkung einer unerwünschten Konzentration in der Schweinehaltung im Rahmen des Marktordnungsgesetzes.

Die positive Förderung der bäuerlichen Tierhaltung muß sich in Anbetracht der Marktlage hauptsächlich auf die Rationalisierungsinvestitionen ohne zu weitgehenden Produktionssteigerungseffekt sowie auf Maßnahmen zur Verbesserung der Absatzstruktur konzentrieren. Die Förderung von Gemeinschaftshaltungen ist aus verschiedenen Gründen nicht zu empfehlen; auf keinen Fall sollten solche Haltungsformen bevorzugt werden. Der Schwerpunkt liegt demnach bei der Entwicklung der horizontalen und vertikalen Integration im Marktbereich - materielle und rechtliche Förderung von Erzeugergemeinschaften, Stärkung und Sicherung vertikaler Verbundsformen (wichtige Ansätze hiezu bestehen in Österreich insbesondere auf dem Schlachtgeflügelsektor).

Große Bedeutung kommt ferner der Qualitätsverbesserung und Qualitätsgarantie zu. Die bäuerliche Tierproduktion sollte ihren Erzeugnissen ein besonderes "Image" geben, das bestimmten, zum Teil psychologisch motivierten Verbrauchererwartungen entgegenkommt ("naturnah erzeugt", "frei von chemischen Zusätzen" u. dgl.). Ansätze hiezu bestehen bereits in anderen Ländern.

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