Julia Neuwirth, Sabine Wendtner
Der Imkereisektor ist nicht nur aufgrund der Honigproduktion, sondern auch durch die Bestäubungstätigkeit der Bienen ein wichtiger Produktionszweig der Landwirtschaft. Zur Verbesserung der Erzeugung und Vermarktung von Honig und anderen Bienenzuchterzeugnissen in der Europäischen Union hat der Rat im Juni 1997 die Verordnung (EG) Nr. 1221/97 erlassen und 2004 überarbeitet. Einen zentralen Teil dieser Verordnung stellen die nationalen Programme (Imkereiförderung) der Mitgliedstaaten dar, welche zur Hälfte durch Fördermittel der EU finanziert werden.
Neben der Abdeckung der Kosten für fachspezifische Schulungen werden im Rahmen der Imkereiförderung Investitionen für ErwerbsimkerInnen, sowie die Anschaffung von Kleingeräten gefördert. Die letzten beiden Maßnahmen zielen in Verbindung mit der Förderung von Honiguntersuchungen auf die allgemeine Hebung des Qualitätsniveaus ab. Darüber hinaus soll durch die gezielte Förderung von Beratungen und Sachkundigentätigkeiten zu Bienengesundheitsthemen sowie von Forschungsprojekten eine flächendeckende Imkerei erhalten werden.
Die Evaluierung des Österreichischen Programms für Maßnahmen zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse aus der Periode 2004/05 bis 2006/07 erfolgt im Auftrag des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung III/7 Vieh, Fleisch, Direktzahlungen, und wurde von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft durchgeführt. Die Beweggründe waren zum einen, dass bislang noch keine Evaluierung des nationalen Programms stattgefunden hatte und dass keine Informationen über die Akzeptanz und Effizienz der einzelnen Maßnahmen vorlagen. Zum anderen verfolgt die Evaluierung das Ziel, aus der Bewertung der Programmperiode 2004/05 bis 2006/07 Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Gestaltung des neuen Programms für die Periode 2010/11 bis 2012/13 abzuleiten. Die Evaluierung lässt sich auf folgende drei Kernfragen zusammenfassen:
1. Welche Relevanz hat die Imkereiförderung für den Imkereisektor?
2. Wie relevant und effizient sind die im Rahmen der Imkereiförderung finanzierten Forschungsprojekte?
3. Welche Auswirkungen hat die neu gegründete Dachorganisation "Biene Österreich" auf den Imkereisektor?
1. Welche Relevanz hat die Imkereiförderung für den Imkereisektor?
Insgesamt wurden während der dreijährigen Förderperiode 2004/05 bis 2006/07 in Österreich € 3,35 Mio. an Fördergeldern bereit gestellt. Die meisten Gelder flossen in Bildungs- und Beratungsmaßnahmen (€ 922.000,-), in investive Maßnahmen (€ 738.000,-) und Maßnahmen zur Steigerung der Honigqualität (€ 638.000,-). Der hohe Anteil von Bildungs- und Beratungsmaßnahmen (28 % der Imkereiförderung) zeigt, dass man sich der Bedeutung einer Verbesserung der Kompetenzen der Imkerinnen und Imker in Bezug auf eine nachhaltige Imkereiwirtschaft bewusst ist. Im Vordergrund stehen dabei Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in Form von Schulungen, Kursen, Seminaren und Vorträgen. Insgesamt ist die TeilnehmerInnenzahl im Evaluierungszeitraum (2004/05 bis 2006/07) um 13 % auf rund 25.150 Personen gestiegen, wobei Kurse zu den Themen "Völkerführung und Betriebsweise", "Bienengesundheit" oder "Erzeugung und Vermarktung" den größten Zulauf erzielten.
Weitere 19 % des Imkereiförderungsbudgets umfassen qualitätsfördernde Maßnahmen. Durch die Installierung von Honiguntersuchungsstellen inklusive begleitender Beratungen hat die Imkerschaft die Möglichkeit, Honigproben in Hinblick auf deren Qualität zu untersuchen und entsprechende Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung abzuleiten. Dass diese Maßnahme angenommen wurde, zeigt die Tatsache, dass innerhalb des Evaluierungszeitraumes sowohl die Anzahl der einreichenden Imkerinnen und Imker (+ 38 %) als auch die Anzahl der eingereichten Proben (+ 46 %) stark gestiegen ist. Rund 70 % aller Untersuchungen entfielen auf qualitätsbestimmende Parameter (z.B. Wassergehalt, Leitfähigkeit, pH-Wert), daneben haben Rückstandsuntersuchungen (20 % der Untersuchungen) und Pollenanalysen (10 %) eine untergeordnete Bedeutung. In Zukunft sollte jedoch eine noch höhere Inanspruchnahme der Förderung von Laboruntersuchungen von Honig und gleichzeitig eine Bewusstseinsteigerung bei den Konsumenten hinsichtlich inländischer Produktion und Qualitätsbewusstsein angestrebt werden.
Der Block "Bienengesundheit" fasst wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung von Parasiten und Krankheiten zusammen. Rund 16 % der veranschlagten Fördermittel wurden für Laboruntersuchungen im Rahmen der Bienenwanderung auf Amerikanische Faulbrut, für Sachkundigentätigkeit für die praktische Bekämpfung von Varroatatose oder anderer Bienenkrankheiten und für Zuchttätigkeiten in Hinblick auf Varroatoleranz aufgewendet. Dabei ist die Zahl der behandelten Völker im Laufe der dreijährigen Programmlaufzeit auf über 18.000 (+ 68 %) gestiegen und die Zahl der Untersuchungen hat um 39 % auf 6.600 zugenommen.
Zur Förderung technischer Ausstattung zählen die Fördermaßnahmen "Investitionsförderung", "Kleingeräteförderung" und "Neueinsteigerförderung". Während der gesamten Förderperiode wurden € 738.000,- an Fördergeldern für diesen Maßnahmenblock verausgabt, wovon 39 % der Investitionsförderung größerer Imkerbetriebe (ab 58 Völkern), 43 % der Kleingeräteförderung aller ImkerInnen und 18 % der Unterstützung von NeueinsteigerInnen zugute kamen. Die angebotenen Fördermaßnahmen wurden von der Imkerschaft nach anfänglichem Zögern sehr gut angenommen, wie der sprunghafte Anstieg der genehmigten Anträge und Fördergelder im Laufe der Förderperiode belegt. Insbesondere die Kleingeräteförderung wurde sehr stark nachgefragt. Diesem Nachholbedarf bei Investitionen für Modernisierung und Qualitätsproduktion von eher kleineren Imkereien sollte die Kleingeräteförderung auch in Zukunft durch erhöhte Fördersätze begegnen. Durch die Teilnahme am Honigqualitätsprogramm als Voraussetzung für den Bezug einer erhöhten Investitionsförderung bzw. als Verpflichtung für den Erhalt der Kleingeräteförderung wurden gleichzeitig Anreize für eine qualitativ hochwertige Produktion gesetzt.
Die Neueinsteigerförderung konnte bei rund 510 Personen das Interesse an der Imkerei wecken. Insgesamt ist die Imkereiförderung 2004/05 bis 2006/07 als ausgewogenes Maßnahmenpaket zu verstehen, das an mehreren Hebeln gleichzeitig ansetzt, um den vielfältigen Bedürfnissen der heterogenen Imkerschaft zu begegnen und gleichzeitig die Qualität ihrer Produkte zu erhöhen.
2. Wie effizient und relevant sind die im Rahmen der Imkereiförderung finanzierten Forschungsprojekte?
Im Rahmen der Imkereiförderung 2004/05 bis 2006/07 wurden 15 Forschungsprojekte mit einer durchschnittlichen Laufzeit von rund zwei Jahren mit einem Gesamtbetrag von rund € 520.000,- an Fördermitteln finanziell unterstützt. Der Schwerpunkt der geförderten Forschungsprojekte lag auf dem Gebiet der Bienenkrankheiten und der Bienengesundheit, insbesondere bei der Erforschung von Bienenviren und Bienenerkrankungen wie der Nosematose, der Varroatose und der Amerikanischen Faulbrut. Diesem Forschungsbereich sind auch Produkttests von Varroabekämpfungsmitteln und zur Faulbruterkennung zuzuordnen. Darüber hinaus widmete sich die Forschung den medizinischen Aspekten von Honig und Bienengift.
Die meisten geförderten Forschungsprojekte können hinsichtlich ihrer inhaltlichen Umsetzung als durchwegs erfolgreich eingestuft werden. Auch die aus den Projekten resultierende Publikationstätigkeit ist befriedigend. Mängel existieren teilweise bei den Angaben zu den tatsächlichen Projektkosten und teilweise bei der Einhaltung der Laufzeiten.
22 Experteninterviews identifizierten ein gesteigertes Forschungsinteresse für die Themen "Untersuchung und die Behandlung von Bienenkrankheiten" und "Maßnahmen zur Förderung der Bienengesundheit". Geht es nach den Befragten, sollten in Zukunft insbesondere die Wechselwirkungen zwischen Imkerei und Landwirtschaft (z.B. Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Wirkung von gentechnisch veränderten Pflanzen) im Forschungsmittelpunkt stehen. Es besteht auch Bedarf neben der Wirkung von Bienenprodukten (Apitherapie), die Bestäubungsleistung und die wirtschaftlichen Effekte der Imkereiwirtschaft wissenschaftlich zu untersuchen.
Für die Interviewten steht die Praxisrelevanz der Forschungsergebnisse im Vordergrund, wobei einige der Meinung sind, dass die Forschungsergebnisse für die Imkerschaft nur schwer zugänglich sind. Dieser Kritik könnte künftig durch eine intensivere Kommunikation in Form von Publikationen der Forschungsergebnisse in Fachjournalen oder auf der Homepage der "Biene Österreich" begegnet werde
3. Welche Auswirkungen hat die neu gegründete Dachorganisation "Biene Österreich" auf den Imkereisektor?
Die Gründung der "Biene Österreich" erfolgte im Jahr 2004 als Dachorganisation der österreichischen Bienenzuchtverbände. Im Rahmen der Evaluierung wurden 22 Imker und Funktionäre nach deren Sichtweisen und Erfahrungen zu der noch "jungen" Organisation befragt.
Ein Großteil der Befragten nannte als Hauptmotiv für die Gründung der "Biene Österreich", das uneinheitliche Auftreten des Imkersektors und die damit verbundene schwierige Entscheidungsfindung in der Vergangenheit. Diese Umstände veranlassten das BMLFUW zur Installation eines Dachverbandes, um die Einzelinteressen unter einem gemeinsamen Überbau zu bündeln und um die Imkereiförderung koordiniert und national vereinheitlicht abwickeln zu können.
Ein Gutteil der Interviewpartner sieht die Ziele des einheitlichen Auftretens des Bienensektors unter dem Dach der "Biene Österreich" und der damit verbundenen stärkeren Positionierung der Imkerschaft in der Öffentlichkeit erreicht.
Als Kernaufgabe der "Biene Österreich" wird die Förderabwicklung gesehen. Da es ab 2004 zu einer Professionalisierung der Förderabwicklung mit klaren Richtlinien, einheitlichen Formularen und einem rascheren und effizienteren Förderablauf kam, wird die "Biene Österreich" von den befragten Personen als zentrale Anlauf- und Abwicklungsstelle für die Imkereiförderung anerkannt. Mehrheitlich positiv sehen die Befragten die Entwicklung der Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden seit der Gründung der "Biene Österreich".
Kritische Rückmeldungen beziehen sich auf weiterhin bestehende Interessenskonflikte in der Bienenzucht und zwischen Klein- und ErwerbsimkerInnen. Manche Interviewpartner haben darüber hinaus das Gefühl, dass die "Biene Österreich" dem Imkereisektor aufgezwungen wurde. Weiters äußerten einige Befragte den Wunsch nach klareren Kommunikationsstrukturen zwischen den Mitgliedern der "Biene Österreich" und den Landesverbänden sowie nach einer verstärkten Transparenz von Entscheidungsprozessen innerhalb der "Biene Österreich". Trotz mancher weiterhin bestehender Probleme hat die Gründung der "Biene Österreich" jedoch zu einer Entschärfung der Konflikte geführt.
Für die Zukunft wünschen sich einige Interviewpartner eine stärkere Förderung von Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit. Einerseits sollen damit die Nachfrage nach Bienenprodukten erhöht und andererseits die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Bienenwirtschaft stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden.