Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln steht zunehmend im Spannungsfeld zwischen nachhaltiger und ressourcenschonender Bewirtschaftung auf der einen und dem Schutz von Pflanzen vor Schadorganismen auf der anderen Seite. Die landwirtschaftlichen Betriebe sehen sich vermehrt mit der Herausforderung konfrontiert, Pflanzenschutzmittel (PSM) aufgrund von Umwelt- und Gesundheitsrisiken sowie regulatorischen Veränderungen zu reduzieren oder gänzlich darauf zu verzichten. Gleichzeitig werden Pflanzenschutzmittel als ein wichtiges Instrument gesehen, um die Erträge sowohl hinsichtlich deren Quantität als auch Qualität durch Pflanzenschutzmaßnahmen zu sichern. Das verfügbare Portfolio an Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in der Europäischen Union unterliegt gegenwärtig einem massiven Wandel. In der EU werden Bestrebungen unternommen (vgl. Farm to Fork-Strategie), den Einsatz von PSM zu verringern. Dies hat nicht nur Folgen für den Umweltbereich, sondern auch ökonomische Auswirkungen auf Betriebs-, Sektor- und volkswirtschaftlicher Ebene.
Zielsetzung
Im Rahmen eines von einem Projektkonsortium (u.a. AGES, BAB, BOKU, WIFO) vorgeschlagenen Projekts soll unter Berücksichtigung der aktuell gültigen Bewertungskriterien sowie auch zukünftiger Entwicklungen und Vorgaben auf europäischer Ebene eine Abschätzung vorgenommen werden, welche Wirkstoffe mittelfristig nicht mehr verfügbar sein könnten. Nach einer Analyse der potentiell entstehenden Behandlungslücken werden mögliche Alternativen hinsichtlich des Stands der Technik, der Praktikabilität und Wirksamkeit, der Relevanz für die österreichische Landwirtschaft und des Zeithorizonts bezüglich der zukünftigen Anwendung und Umsetzung diskutiert und bewertet. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen fokussiert die BAB auf die ökonomische Bewertung von PSM-Wirkstoffverlusten auf Betriebsebene und versucht am Beispiel einer oder mehrere ausgewählter Ackerkulturen, die ökonomischen Auswirkungen auf Betriebsebene darzustellen. Weiters sollen Anpassungsstrategien bezüglich eines potentiellen Wegfalls von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen ökonomisch bewertet werden.
Geplante Arbeiten 2025
Eine positive Projektbeurteilung vorausgesetzt soll die Projektarbeit im Lauf des Jahres 2025 starten. Vorarbeiten zur Modellierung der Effekte von Wirkstoffverlusten auf Betriebsebene umfassen eine explorative Literaturrecherche sowie die Kontaktaufnahme zu anderen Forschungseinrichtungen, um die Nutzung etwaiger Synergieeffekte auszuloten. Weiters wird geprüft, inwieweit Daten zu Sorten und Pflanzenschutzversuchen für das Projekt vorliegen, um ökonomische Effekte von Wirkstoffverlusten hinsichtlich der Ertragsentwicklung (sowohl in quantitativer als auch qualitativer Weise) besser abschätzen zu können. Weiters ist zu klären, welche Daten für die Modellierung auf Betriebsebene herangezogen werden können (z.B. Buchführungsdaten, Invekos-Daten, IDB-Daten), wie die Modellierung von Szenarien gestaltet und technisch ungesetzt werden soll (z.B. mittels PMP-Modell).
Zentral für die Umsetzung des Projekts sind die Vorleistungen aus den anderen Arbeitspaketen des Gesamtprojekts (Beurteilung der Relevanz von Wirkstoffverboten auf Kulturartenebene sowie die Ableitung möglicher alternative Pflanzenschutzmaßnahmen). Auf diesen Ergebnissen aufbauend werden für ein Set an Betrieben (z.B. typische Betriebe, Buchführungsbetriebe) verschiedene Szenarien abgeleitet, welche unterschiedliche Gradienten des Verlusts von Wirkstoffen und die damit verbundenen Auswirkungen auf Kosten, Erträge und Fruchtfolgen abbilden und mithilfe des Modells simulieren. Ausgehend von den ortsüblichen Pflanzenschutzpraktiken kann das beispielsweise die Substitution von Wirkstoffen durch die Kombination weiterhin zugelassener Pflanzenschutzmittel, den Umstieg auf alternative Pflanzenschutzmaßnahmen (z.B. mechanischer Pflanzenschutz), veränderte Fruchtfolgen (Reduktion des Anteils oder Ausscheiden einzelner Kulturen) oder das Inkaufnehmen von Ertragsminderungen sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht bedeuten. Die ökonomische Bewertung des Wegfalls von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen folgt einer möglichst ganzheitlichen Betrachtung von Erträgen, Direktkosten, etwaigen Spezialkosten für langfristige Investitionen in Spezialmaschinen. Je nach Datenlage ist eine Aggregation auf räumlicher Ebene denkbar. Herausfordernd wird der Umgang mit kurz- und langfristigen Wirkungen von Wirkstoffverlusten sein. So ist es möglich, dass kurzfristig gesehen die Kosten für alternative Pflanzenschutzmaßnahmen steigen, langfristig aber stabilere Erträge erzielt werden können. Eine weitere Herausforderung stellt die Quantifizierung der qualitativen Einschätzungen der Expert:innen hinsichtlich der Relevanz des Verlusts unterschiedlicher PSM-Wirkstoffe in konkrete Zahlenwerte zur modelltechnischen Nutzung dar. Aufgrund der ex-ante gesehen hohen Unsicherheiten und Abhängigkeiten hat die Arbeit den Charakter einer Machbarkeitsstudie, deren Erkenntnisse zu einer Ausweitung der Betrachtung auf weitere Kulturarten und Indikationen ausgeweitet werden können.
Zeitplan
Projektstart: 04/2025 (in Abhängigkeit einer positiven Gesamtprojektbeurteilung)
Projektende: 12/2027