Die Almwirtschaft spielt eine zentrale Rolle für den Erhalt der traditionellen österreichischen Kulturlandschaft und erbringt bei nachhaltiger Nutzung wichtige Ökosystemleistungen wie Naturschutz, Tourismus und Katastrophenschutz. Trotz dieser Funktionen werden Almflächen in Diskussionen zu Landwirtschaft, Bodennutzung und Landaufgabe oft vernachlässigt. Während die Aufgabe von Ackerflächen verstärkt betrachtet wird, bleibt das Thema Almflächen häufig unterrepräsentiert, obwohl alpine Gebiete ein besonders hohes Risiko der Landaufgabe aufweisen. Zwischen 2000 und 2023 ging die Zahl der bewirtschafteten Almen in Österreich um 12 % zurück (Grüner Bericht, 2024), was die Herausforderungen deutlich macht: Klimawandel, der Rückgang traditioneller landwirtschaftlicher Praktiken, geringe wirtschaftliche Rentabilität, demografische Veränderungen und komplexe Eigentumsverhältnisse erschweren die Nutzung und den Erhalt von Almflächen zunehmend. Erste Erkenntnisse aus Interviews mit 10 Almbäuer:innen, die im Sommer 2024 im Rahmen der COST Action MARGISTAR durchgeführt wurden, untermauern den Forschungs- und Handlungsbedarf zur Flächenaufgabe in der Almwirtschaft.
Zielsetzung
Das Forschungsprojekt knüpft an den vorhandenen statistischen Daten zum Rückgang der Almflächen an. Um Veränderungen hinsichtlich Landnutzung bzw. Landbedeckung auf bewirtschafteten und aufgelassenen Almflächen in einen breiten sozioökonomischen und ökologischen Kontext zu stellen, soll mit der Kombination von qualitativen und quantitativen Vorgehensweisen (Mixed Methods) eine fundierte Grundlage geschaffen werden und regional angepasste Empfehlungen für Politik und Praxis entwickelt werden.
Im Arbeitspaket 1 (AP1) liegt der Schwerpunkt auf der räumlichen und zeitlichen Entwicklung der Landnutzung und Landbedeckung von Almflächen, basierend auf Erdbeobachtungs- und agrarstatistischen Daten. Die INVEKOS-Daten dienen als Grundlage für die statistische Analyse der Entwicklung von Almflächen, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Identifizierung aufgegebener Almflächen gelegt wird. Mithilfe von Fernerkundungsdaten und etablierten Prozessierungsmethoden wird die Landnutzungs- und Landbedeckungsentwicklung vor und nach der Aufgabe der Almflächen untersucht, um Muster zu erkennen, die auf einen Trend zur Aufgabe dieser Flächen hinweisen. Ein Vorteil der Fernerkundung ist die objektive und flächendeckende Auswertung, die zu repräsentativen Ergebnissen für Österreich führen soll. Hierfür wird ein Workflow auf der BAB Big Data Processing Infrastruktur entwickelt. Fernerkundungsanalysen von Almflächen werden bereits von der AMA entwickelt bzw. durchgeführt, welche sich jedoch auf die Ermittlung der tatsächlich förderfähigen Almfutterflächen konzentrieren.
Im Arbeitspaket 2 (AP2) werden durch den Einsatz qualitativer Forschungsmethoden die sozioökonomischen Faktoren analysiert, die die Veränderungen auf den Almflächen beeinflussen. Im Fokus stehen dabei die Ursachen, Beweggründe und Reaktionen der Almwirt:innen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung bzw. der Aufgabe von Almflächen in Österreich. Das Interesse liegt insbesondere auf den regional unterschiedlichen Voraussetzungen, Herangehensweisen und Entwicklungsoptionen, welche sich in komplexen Eigentumsverhältnissen, Verfügbarkeit von Facharbeiter:innen, Zusammenarbeit mit der Tourismusbranche oder die Bedeutung von Schutzgebieten widerspiegeln.
Arbeitspaket 3 (AP3) fasst die Ergebnisse aus AP1 und AP2 zusammen, um ein umfassendes Bild der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in der Almwirtschaft zu gewinnen. Ziel ist es, regional abgestimmte Empfehlungen für Politik und Praxis zu entwickeln, die die Almwirtschaft nachhaltig stärken und sie auf sozioökonomische Veränderungen vorbereiten. Die Projektergebnisse werden in einem Projektbericht zusammengefasst und publiziert.
Geplanter Ablauf und Durchführung
AP1 | Analyse der Landnutzungs- und Landbedeckungsentwicklung | AP-Lead: Lena Mitterhuber
- Räumliche und statistische Analyse der INVEKOS- Daten zu Almflächen
- Recherche und Auswahl geeigneter Fernerkundungsmethoden
- Beschaffung und Vorprozessierung relevanter Fernerkundungsdaten
- Entwicklung eines Prozesses zur Umsetzung der gewählten Methoden flächendeckend für Österreich
- Test und Validierung des entwickelten Prozesses
- Identifikation von Mustern der Landbedeckungsentwicklung auf Almflächen
- Aufbereitung und Bereitstellung der Ergebnisse für die nachfolgenden Arbeitspakete
AP 2 | Sozioökonomische Analyse | AP-Lead: Katrin Hofer
- Literaturrecherche zur Bedeutung, den Entwicklungen und Herausforderungen der Almwirtschaft
- Durchführung von 20-30 Expert:inneninterviews mit regionalen und nationalen Stakeholdern der Almwirtschaft, bevorzugt, aber nicht ausschließlich in Bundesländern mit einem hohen Anteil an Almflächen
- Auswertung mittels qualitativer Datenanalyse (MAXQDA)
- Durchführung einer webbasierten Befragung mit Landwirt:innen in ganz Österreich, klassifiziert nach Betriebsart und Almflächennutzung, auf Basis der Ergebnisse der Literaturrecherche und der Interviews
- Statistische Analyse der sozialen, ökonomischen und ökologischen Faktoren mit regionalspezifischem Fokus
- Auswertung und Interpretation der Ergebnisse, Identifikation von regionaltypischen Entwicklungen
AP 3 | Synthese | AP-Lead: Daria Ernst
- Synthesearbeit der beiden Arbeitspakete: Verknüpfung der regionalspezifischen und sozio-kulturellen Analyse mit Entwicklungsmustern der Almflächen-Landbedeckung
- Formulierung von Entwicklungsszenarien, die die spezifischen sozialen, ökonomischen und ökologischen Ausprägungen berücksichtigen
- Erstellen eines Abschlussberichts und Publikation
Laufzeit:
Projektbeginn: 01/2025
Projektende: 06/2027