In den letzten 10-15 Jahren ist in Österreich das Interesse am Hanfanbau aufgrund seiner vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten (Samen, Fasern, Blätter/Blüten) gestiegen. Die Hanfsamen sind ein hochwertiges Nahrungsmittel, aus ihnen kann ein wertvolles Öl gepresst werden kann. Die widerstandsfähigen Faserbündeln des Stängels sind für die Herstellung verschiedener Textilien geeignet. Aus den Schäben, also dem holzigen Innenteil um den die Faserbündel angelegt sind, kann Heizmaterial gewonnen werden. Vergleichsweise neu ist die Gewinnung von Cannabidiol (CBD) durch Extraktion aus den grünen Blüten und Blättern von Hanf. Letzteres trug ebenfalls zu einem Nachfrageboom nach Hanfprodukten und der Ausweitung der Hanfproduktion bei.
Aus diesen Gründen entschied sich das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) dazu, eine Analyse des Hanfmarktes in Österreich durchzuführen und beauftragte damit die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen (BAB).
Ziel der Studie ist es, die verschiedenen Produktions-, Verwertungs- und Vermarktungsmöglichkeiten für Hanf in Österreich darzustellen und dabei die Verwendungsmöglichkeiten der einzelnen Pflanzenteile sowie bereits bestehende Vermarktungsschienen näher zu analysieren. Im Fokus stehen die Nutzungsarten und Produktionsverfahren auf landwirtschaftlichen Flächen. Der (illegale) Hanfanbau zu Betäubungsmittel-zwecken und der Hanfanbau abseits von landwirtschaftlichen Flächen, wie etwa im Indoor-Bereich, werden hier nicht thematisiert.
Die vorliegende Sektoranalyse versucht auf Basis von Daten- und Literaturrecherchen sowie des Inputs von Expert:innen ein ganzheitliches Bild des Hanfsektors in Österreich zu zeichnen. Das Expert:innenwissen in Bezug auf vergangene und künftige Entwicklungen der Märkte für Hanfprodukte beruht auf qualitativen Interviews mit Hanfproduzent:innen (Landwirt:innen), Hanfverwerter:innen und -händler:innen sowie Vertreter:innen öffentlicher Stellen.
Die Sektoranalyse beleuchtet die unterschiedlichen Aspekte des Hanfmarktes, beginnend mit der Hanfproduktion (u.a. Sortenwahl, Anbau- und Ernteverfahren) sowie der Verarbeitung von Samen, Stroh und Blüten/Blätter in Österreich. Zudem erfolgt eine Betrachtung des Außenhandels mit Hanfprodukten über die vergangenen Jahre.
Das Hauptaugenmerk dieser Studie gilt den Ergebnissen der qualitativ durchgeführten Expert:innen-interviews. Die methodische Vorgehensweise der Arbeit beschreibt das Kapitel 2. Im Kapitel 3 werden die drei Ernteformen (Samen, Stroh und Blüten/Blätter) und deren Anwendungsmöglichkeiten präsentiert, inklusive der aktuell in Österreich vermarktbaren Hanfprodukte. Das Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Kultivierung von Hanf. Hier wird näher auf Saat, Pflege, Ernte, Nach- und Aufbereitungsmaßnahmen sowie auf die Pflanze selbst eingegangen. In Kapitel 5 werden wirtschaftliche Aspekte des Hanfanbaus in Österreich dargestellt. Dabei werden Saatgutkosten, Bearbeitungsaufwand sowie die Erträge aller Ernteformen präsentiert. Abgeschlossen wird das Kapitel mit Deckungsbeitragsvergleichen mit anderen Marktfrüchten, sowohl biologisch als auch konventionell wirtschaftender Betriebe. Anschließend fasst Kapitel 6 Rechtslagen, Kontrollen und Verordnungen, welche für den österreichischen Hanfmarkt von Bedeutung sind, zusammen. Ein kleiner Exkurs zur Situation anderer Länder rundet das Kapitel ab. Kapitel 7 zeigt die Entwicklung der Hanfanbauflächen in Österreich, die Zahl der Hanfbetriebe sowie einen Vergleich der Bundesländer für die Jahre 2000 bis 2022 auf Basis der INVEKOS-Datenbank (Integriertes Verwaltung- und Kontrollsystem). Abschließend werden in Kapitel 8 mit Daten der Außenhandels-datenbank Österreichs wichtigste Hanfhandelspartner der Jahre 2000 bis 2022 präsentiert. Dabei wird zwischen Hanfsamen, Hanfstroh und Hanffasern unterschieden. Für Hanfblüten/-blätter gibt es keine gesonderte Erfassung im Rahmen der KN-Nomenklatur der Außenhandelsdatenbank. Im Anhang A werden die Interviewprotokolle zusammengefasst wiedergegeben.
Ziel der Arbeit war es auch, im Zuge der Analyse des Marktpotenzials die notwendigen Daten zur Deckungsbeitragskalkulation von Hanf in Österreich zu sammeln und ein Verfahren „Hanf“ in den Internet Deckungsbeitrag (IDB) der BAB zu integrieren (siehe hierzu https://idb.agrarforschung.at). Damit soll den interessierten Landwirt:innen ein Werkzeug zur Verfügung stehen, um betriebsindividuelle Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchführen zu können. Im Hinblick auf das sich verändernde Klima kann Hanf den Landwirt:innen als mögliche Alternative im Ackerbau dienen. Die Ergebnisse dieser Analyse können außerdem in Zukunft bei der Formulierung von Förderprogrammen bzw. etwaigen Förderungs-bedarfe herangezogen werden.