Geschrieben von Antonia Egli (Dublin City University, MARGISTAR) für die Österreichische Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen
Im Rahmen des internationalen MARGISTAR COST Action Projektes, welches aus 167 Wissenschaftler:innen und Expert:innen aus 31 Ländern besteht, wurde im Frühjahr 2024 eine interne Umfrage über die Lebensbedingungen in europäischen Bergregionen durchgeführt. Diese umfasste 71 Einschätzungen von MARGISTAR Mitgliedern über aktuelle und zukünftige Bedingungen in Bergregionen und fokussierte vor allem auf sogenannte „Periphery Traps“ (Deutsch: Peripheriefallen).
Peripheriefallen werden von MARGISTAR als vielfältig miteinander verflochtene soziokulturelle, wirtschaftliche, politische und ökologische Entwicklungen und Bedingungen in abgelegenen Regionen definiert, die zu ungleichen und ungerechten Lebensverhältnissen führen und die Chancen der dort lebenden Menschen beeinträchtigen.
Basierend auf den Ergebnissen dieser Umfrage werden Abwanderung, demographische Trends (wie z.B. alternde Bevölkerungen und niedrige Geburtenraten) und mangelnde soziale Unterstützung (z.B. im Gesundheitswesen) als die wichtigsten Peripheriefallen für marginalisierte europäische Bergregionen identifiziert. Naturschutz und Landbesitz stellen die größten potenziellen Konfliktherde dar.
MARGISTAR erkennt, dass sowohl gesellschaftliche Entwicklungen als auch außerordentliche Naturereignisse die Lebensbedingungen marginalisierter Bevölkerungen in europäischen Bergregionen beeinträchtigen. Die betroffenen Bevölkerungen können darauf keinen Einfluss nehmen. Um existierenden Peripheriefallen dennoch entgegenzusteuern und Gerechtigkeit, Inklusion und Resilienz in diesen Gebieten zu unterstützen, sieht MARGISTAR Potenziale in den folgenden Bereichen:
- Lokaler, ländlicher Tourismus
- Produktionsketten auf Grundlage lokaler Ressourcen
- Kulturelle und digitale Innovationen und Infrastrukturausbau
- Bereitstellung von Wohnlösungen, auch um Berufstätige aller Sektoren (z.B. Kultur- und Kunstschaffende, Forschende) vorübergehend oder permanent anzuwerben
- Maßnahmen zur Steigerung des sozialen Zusammenhalts innerhalb von Gemeinden
- Kohärente politische Entscheidungen, die soziale, wirtschaftliche und ökologische Ziele priorisieren
Obwohl einschneidende Entwicklungen oft schwierig vorherzusehen sind, kann die nationale und länderübergreifende Politik das Leben der Menschen in marginalisierten Bergregionen positiv verändern. Aufgrund dessen setzt MARGISTAR auf Konzepte wie „pinching the policymaker“ und „nudging the citizen,“ um politischen Druck auszuüben und dringendes Handeln im Sinne von Bürger:innen und Interessengruppen voranzutreiben. Vor allem „Pinching“ hilft dabei, die Festlegung politischer Ziele zu klären und grundlegende Initiativen für zukünftige Handlungen voranzutreiben. Mithilfe von MARGISTAR können politische Interventionen basierend auf lokalen Realitäten und wissenschaftlichen Erkenntnissen umgesetzt werden.
MARGISTAR ist ein Forum für Austausch und Co-Kreation, bei dem Wissenschaftler:innen, Interessenvertreter:innen und politische Entscheidungsträger:innen europaweit gemeinsam über mögliche nachhaltige und resiliente Lösungen für marginalisierte Bergregionen reflektieren. Weitere Informationen zu MARGISTAR finden sich auf der Projektseite (https://margistar.eu/) bzw. laufend im Newsletter.
Das MARGISTAR Team bei einem Projekttreffen in Düzce, Türkei (Foto Credits: MARGISTAR)
Ruta Sa Calobra - Majorca-Spain (Foto Credits: Theo Lynn)
Foto Credits: MARGISTAR's Ivan Lakovic