Mit verschiedenen Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden Ziele wie z.B. die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe oder die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und der effizienten Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen verfolgt. Die Ziele und damit verbundenen Maßnahmen adressieren und beeinflussen viele unterschiedliche Komponenten und Akteur:innen des gesamten Agrar-, Umwelt- und Ernährungssystems wie z.B. Landwirt:innen oder natürliche Ressourcen wie Wasser, Böden oder Luft. Der europäische „Green Deal“ mit der Farm to Fork-Strategie und der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 verdeutlicht zudem, dass Forschungsthemen an der Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Umwelt sowie systemische Perspektiven bei der Analyse komplexer Zusammenhänge an Relevanz gewinnen.
Um Maßnahmen der GAP weiterzuentwickeln, ist es zielführend, Wirkungen der Maßnahmen (ökonomische Auswirkungen, ableitbare Umwelteffekte etc.) sowie Reaktionen der beteiligten Akteur:innen auf diese Maßnahmen und weitere Rahmenbedingungen (Märkte, Klima etc.) einzuschätzen. Dafür benötigt es eine detaillierte und gut aufbereitete Datenbasis und Kenntnis von Methoden für modellbasierte Analysen
Zielsetzung
Das übergeordnete Ziel dieses Grundlagenprojektes ist es, ein Modellsystem, d.h. einen Rahmen für Analysen zu den Wirkungen agrarpolitischer Maßnahmen und anderer Einflussfaktoren auf den Agrarsektor, zu schaffen. Der Fokus liegt dabei auf Analysen zu primär ökonomischen Forschungsfragen auf Basis einzelbetrieblicher Daten. Um verschiedene Entwicklungen, z.B. in der Agrarpolitik oder im Bereich der wissenschaftlichen Analysen, zu berücksichtigen und um Synergien zu Arbeiten im Rahmen anderer Projekte zu nutzen, unterliegt dieses Grundlagenprojekt laufend gewissen Anpassungen. So werden je nach Bedarf Schwerpunkte und Tätigkeiten im Projekt angepasst, um das übergeordnete Ziel der Entwicklung eines Analyserahmens zu adressieren. Das Projekt verfolgt mehrere Teilziele:
Ein Ziel des Projektes ist es, sukzessive und auf Basis von Anwendungsfällen eine weitgehend modellunabhängige Datenbasis aufzubauen. In der Datenbasis sollen Daten zu landwirtschaftlichen Aktivitäten aus unterschiedlichen Datenquellen (INVEKOS-Daten, Daten der Buchführungsbetriebe, Datengrundlagen aus Deckungsbeitragsrechnungen etc.) zusammengeführt und harmonisiert werden, um sie für verschiedene quantitative Methoden bzw. Modelle (z.B. Ökonometrie, mathematische Programmierung, Machine Learning) einsetzbar zu machen. Zudem sollen in diesem Zusammenhang auch Informationen zu Agrarumweltmaßnahmen (Verpflichtungen etc.) sowie relevante Agrarumweltindikatoren aufbereitet werden.
Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, methodische Kompetenzen durch die Anwendung von geeigneten Analysemethoden und die Entwicklung von Modellen auf Basis von Anwendungsfällen zu erweitern und dadurch langfristig methodische Grundlagen aufzubauen (z.B. im Bereich angewandte Ökonometrie). In diesem Zusammenhang ist auch eine Auseinandersetzung mit theoretischen Grundlagen und zugrundeliegenden Annahmen erforderlich. Je nach Eignung und Möglichkeit sollen zudem auch methodische Kompetenzen zu systemischen Ansätzen für eine möglichst umfassende Betrachtungsweise bei der Bearbeitung von Forschungsfragen entwickelt werden (z.B. systems scoping, Identifikation und Analyse von Synergieeffekten oder Zielkonflikten).
Stand des Projektes
Zu den abgeschlossenen Arbeiten zählen z.B. einerseits ein Vergleich von Betrieben mittels Effizienzanalyse (Ortner et al., 2006; Kirner et al., 2007; Ortner, 2008) und andererseits die Adaption des Betriebsoptimierungsmodells FAMOS der Universität für Bodenkultur Wien (Schmid, 2004) für Daten der Buchführungsbetriebe und zur Analyse der Auswirkungen bestimmter Reformen der GAP auf die österreichische Landwirtschaft (GAP-Reform 2003, Milchquotenregelung, Health Check; siehe dazu die abgeschlossenen Projekte AWI/155/06 und AWI/160/07). Darüber hinaus wurden im Projektverlauf methodische Kompetenzen für Analysen mit einzelbetrieblichen Daten ausgebaut, insbesondere in den Bereichen mathematische Programmierung und Ökonometrie (Modellentwicklung, Literaturstudium etc.).
Für Analysen der Wirkungen agrarpolitischer Maßnahmen oder anderer Einflussfaktoren wurde mit dem Aufbau einer modellunabhängigen Datenbasis begonnen. In diesem Zusammenhang sind auch abgeschlossenen Projekte wie z.B. AWI/176/15 „ADAPT-CATMILK“ und BAB 045/20 „COVID-19 Lessons learnt“ – Arbeitspaket 4 „Regionale Nachfrage nach Vorleistungen in der österreichischen Landwirtschaft“ zu erwähnen, deren Ergebnisse und Tätigkeiten hier in diesem Projekt teilweise aufgegriffen wurden und laufend weiterfolgt werden. Laufende Tätigkeiten in diesem Zusammenhang umfassen insbesondere den Aufbau der Datenbasis aus zahlreichen Datenquellen (z.B. INVEKOS-Daten, Daten der Buchführungsbetriebe, Datengrundlagen aus Deckungsbeitragsrechnungen (siehe Projekt BAB 015/10 „Deckungsbeiträge und Datengrundlagen für die Betriebsplanung“ zu den Interaktiven Deckungsbeiträgen, IDB), Daten der Statistik Austria, aus der Literatur) und die Zusammenführung und Harmonisierung der Daten zu definierten landwirtschaftlichen Aktivitäten über die jeweiligen Datenquellen hinweg. Darüber hinaus wurde damit begonnen, Informationen zu Agrarumweltmaßnahmen (z.B. Verpflichtungen im ÖPUL) für Analysen mit quantitativen Methoden aufzubereiten. Im Aufbau befindet sich auch ein Datenkatalog zu Agrar-Umwelt-Themen, in dem verschiedenste Agrarumwelt-Indikatoren erfasst und kategorisiert werden.
In einem weiteren Teilbereich des Projektes werden Ergebnisse theoretischer Modelle zum räumlichen Wettbewerb auf Märkten wie dem Rohmilchmarkt (z.B. Tribl, 2012; Tribl und Salhofer, 2013; siehe auch das abgeschlossene Projekt AWI/158/06) in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) mithilfe ökonometrischer Modelle und anhand von Daten für z.B. Deutschland und Österreich überprüft. Im Fokus steht dabei die Analyse der „yardstick of competition“-Hypothese, wonach (im Zusammenhang mit dem Wettbewerb zwischen Lebensmittel verarbeitenden Unternehmen) genossenschaftliche Verarbeiter die Marktmacht von nicht-genossenschaftlichen Verarbeitern gegenüber Landwirtinnen und Landwirten in so einem „gemischten Markt“ abschwächen können. Erste empirische Ergebnisse zum räumlichen Wettbewerb zwischen Milchverarbeitern in einem gemischten Markt für Süddeutschland wurden in den Jahren 2017 und 2021 auf wissenschaftlichen Tagungen präsentiert (siehe Tribl, Morawetz und Salhofer, 2017). Weiters wurde gemeinsam mit der BOKU und dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in Halle (Saale) ein Literaturüberblick zur räumlichen Ökonomie erarbeitet und in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (siehe Graubner, Salhofer und Tribl, 2021).
Arbeiten 2025
Im Jahr 2025 werden die Arbeiten an der Datenbasis fortgeführt. Dabei werden die drei Bereiche i) Datenharmonisierung (ausgehend von den im IDB definierten landwirtschaftlichen Aktivitäten), ii) Aufbereitung von Informationen zu Agrarumweltmaßnahmen (GAP 2014-2020 und GSP 2023-2027) und iii) Datenkatalog Agrar-Umwelt weiterentwickelt.
Um methodische Arbeiten in anderen Projekten zu berücksichtigen und da eine methodische Eingrenzung notwendig ist, soll im Jahr 2025 der methodische Fokus im Rahmen dieses Projektes auf der Entwicklung ökonometrischer Modelle liegen, die mit entsprechenden Anpassungen auch längerfristig zur Analyse bestimmter Forschungsfragen einsetzbar sind. Dabei können Forschungsfragen aufgegriffen werden, zu denen bereits eine inhaltliche Expertise besteht und bei denen Synergien zu anderen Projekten, z.B. der Evaluierung (BAB 072/24 „Vorbereitung, Datenmanagement und Evaluierung ausgewählter Evaluierungsthemen des österreichischen GAP-Strategieplans 2023-2027 sowie des Ländlichen Entwicklungsprogramms 2014-2020“), bestmöglich genutzt werden können. Beispiele sind: i) Zusammenhang zwischen agrarpolitischen Maßnahmen und der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe, ii) Bestimmungsfaktoren betrieblicher Entscheidungen wie die Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen und damit entsprechenden Änderungen bei Managementpraktiken landwirtschaftlicher Betriebe. Dazu sind Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften geplant.
Nach Möglichkeit sollen weitere Synergien zu Arbeiten im Rahmen anderer Projekte geschaffen werden, indem Ergebnisse wechselseitig ausgetauscht bzw. genutzt werden. Beispiele dazu sind die Projekte BAB 018/19 „Mengen-Erträge aus dem Bio-Landbau“, BAB 003/86 „Wirtschaftliche Untersuchungen und Beratung im Zusammenhang mit OECD und WTO“, BAB 056/22 „Systemische Betrachtungen im Agrar-, Umwelt- und Ernährungsbereich“ oder BAB 040/20 „Biophysikalische Prozesse der landwirtschaftlichen Bodennutzung in Österreich“. Zudem wurde an der BAB im Jahr 2024 die abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe „Methoden und Modellierung“ eingerichtet. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe werden im Jahr 2025 u.a. methodische Fragen diskutiert und Tätigkeiten, die in verschiedenen Projekten mit einem stärkeren methodischen Fokus, koordiniert.
Die Arbeiten zum räumlichen Wettbewerb in Zusammenarbeit mit der BOKU sollen im Jahr 2025 fortgeführt werden. Es ist geplant, Ergebnisse dieser Arbeiten bei weiteren wissenschaftlichen Veranstaltungen zu präsentieren und in wissenschaftlichen Zeitschriften zu veröffentlichen.