Die Landwirtschaft erbringt verschiedenste Funktionen bzw. Leistungen, die weit über die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche und die Produktion von Lebensmitteln hinausgehen. Zusätzlich zur reinen Agrarproduktion bzw. Produktion marktfähiger Güter produzieren landwirtschaftliche Betriebe eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen (sogenannte non-commodity outputs bzw. Nicht-Marktgüter), die unterschiedliche Elemente der „Multifunktionalität“ in der Landwirtschaft darstellen (OECD, 2001). Diese vielfältigen Produkte und Dienstleistungen haben oft die Eigenschaften öffentlicher Güter. Um den gesellschaftlichen Wert, der mit den unterschiedlichen Funktionen bzw. Leistungen landwirtschaftlicher Betriebe verbunden ist, einschätzen zu können, kann die Multifunktionalität im Kontext von (positiven und negativen) externen Effekten betrachtet werden. Als Nebenprodukte oder Wirkungen der landwirtschaftlichen Produktion bzw. der Tätigkeiten landwirtschaftlicher Betriebe sind diese externen Effekte gesellschaftlich relevant.
Im Laufe der Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wurden non-commodity outputs bzw. externe Effekte der Landwirtschaft zunehmend berücksichtigt, insbesondere im Rahmen der Programme zur Ländlichen Entwicklung. Im Zuge dessen werden auch bestimmte Funktionen und Leistungen landwirtschaftlicher Betriebe (z.B. ökologische oder infrastrukturelle Funktionen) als Wert für die Gesellschaft honoriert.
Ziel des Forschungsprojektes, das von der Technischen Universität München (Prof. Dr. Johannes Sauer, Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie) koordiniert wird, ist eine Analyse von Funktionen und Leistungen landwirtschaftlicher Betriebe, die über die landwirtschaftliche Produktion hinausgehen. Der Projekttitel seitens der Hauptprojektleitung an der Technischen Universität München lautet „Der gesellschaftliche Mehr-wert bäuerlicher Landwirtschaft – Eine überregionale Studie mit Fokus Bayern“. Für Bayern steht in diesem Projekt jener gesellschaftliche Mehrwert der Landwirtschaft (d.h. über die reine Agrarproduktion hinausgehende Leistungen für die Gesellschaft) im Vordergrund, der insbesondere durch „bäuerliche Landwirtschaft“ erzielt wird. Entsprechend der Forschungsfragen sollen zum einen die Charakteristika „bäuerlicher Landwirtschaft“ und relevante Indikatoren zur Messung derselben erfasst werden. Zum anderen sollen die kausalen Effekte der „bäuerliche Landwirtschaft“ und auch die gesellschaftliche Bewertung bzw. Wertschätzung dieser Effekte ermittelt werden. Die Untersuchungen können zu einer Verdeutlichung der gesellschaftlichen Bedeutung von unterschiedlichen Formen der Landwirtschaft und dadurch zu einer Weiterentwicklung von Maßnahmen der GAP im Zuge ihrer Reformen beitragen.
Die Mitarbeit der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft bei diesem Projekt erfolgt auf Initiative der Technischen Universität München und des BMNT. Die Aufgaben der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft sind dabei insbesondere die Mitwirkung bei Literaturrecherchen und bei der Aufbereitung der Literatur, bei Datenbereitstellungen, -erhebungen und –analysen, bei Workshops, Konferenzen und Seminaren sowie bei der Verfassung von Projektberichten und weiteren Publikationen.
Die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft hat im Jahr 2016 Literaturarbeiten zu Familienbetrieben (Family Farming), zur Verwendung des Begriffs der „Bäuerlichkeit“, sowie zu Funktionen und Leistungen landwirtschaftlicher Betriebe und ihrer Bewertung durchgeführt. Die Ergebnisse der Literaturarbeiten wurden im selben Jahr mit den Projektpartnern im Rahmen eines von der Bundesanstalt organisierten Workshops in Wien vorgestellt und diskutiert. Bei diesem Workshop haben die Projektpartner der Technischen Universität München die geplanten methodischen Ansätze (z.B. Clusteranalyse, Regressions-Diskontinuität, Choice Experiments) sowie mögliche Indikatoren für bestimmte Leistungen der Landwirtschaft präsentiert. In den Jahren 2016 bis 2018 haben die Projektpartner laufend die Datenverfügbarkeit in den jeweiligen Regionen (Deutschland, Österreich, Südtirol, Norwegen) zu Betriebsmerkmalen sowie hinsichtlich zu analysierender Effekte überprüft. Im Jahr 2017 wurden im Rahmen eines Workshops in Bozen erste Ergebnisse der Projektpartner der Technischen Universität München für Deutschland (Definition „bäuerlicher“ Betriebe, Analyse der kausalen Effekte der Betriebe) präsentiert und diskutiert. Im Jahr 2018 wurden im Rahmen eines Workshops in Oslo Zwischenergebnisse der Projektpartner der Technischen Universität München zu kausalen Effekten der „bäuerlichen Landwirtschaft“ in Deutschland auf die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit diskutiert. Ebenso wurde bei dem Workshop das Konzept der Projektpartner der Freien Universität Bozen zu einer geplanten KonsumentInnenbefragung für ein Structural Equation Model (SEM) und ein Choice Experiment diskutiert. Ziel dabei ist die Analyse, welche Werte KonsumentInnen mit „bäuerlicher Landwirtschaft“ in Verbindung bringen und welche Zahlungsbereitschaft für diese Form der Landwirtschaft besteht. Alle Projektpartner haben darüber hinaus am Norwegian Institute of Bioeconomy Research (NIBIO) in Oslo ein öffentliches Seminar zum Thema „Family farming in Europe: What’s at stake?“ gehalten. Weiters hat im Jahr 2018 die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft in Abstimmung mit allen Projektpartnern bei der Entwicklung des Fragebogens der Projekt-partner der Freien Universität Bozen mitgearbeitet und einen Datensatz für die Analyse kausaler Effekte von bäuerlichen Betrieben in Österreich durch die Projektpartner der Technischen Universität München zusammen-gestellt.
Im Jahr 2019 wurden in enger Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern die Arbeiten an den länderspezifischen Analysen (Deutschland, Österreich, Südtirol, Norwegen) abgeschlossen. Die methodischen Arbeiten und empirischen Analysen der kausalen Effekte der Betriebe wurden maßgeblich von den Projektpartnern der Technischen Universität München koordiniert und durchgeführt. Die KonsumentInnenbefragung in Deutschland, Österreich, Südtirol und Norwegen wurde von den Projektpartnern der Freien Universität Bozen koordiniert und ausgewertet. Darüber hinaus hat die Bundesanstalt bei weiteren projektinternen Workshops, bei der Aufbereitung und Interpretation der Ergebnisse, bei der Erarbeitung von Handlungsempfehlungen, bei der Erstellung des Zwischen- und Endberichtes, bei der Präsentation der Ergebnisse im Rahmen von Konferenzen und Seminaren sowie bei der weiteren Verwertung der Ergebnisse im Rahmen verschiedenster Publikationen mitgewirkt.
Projektbeginn: Mai 2016
Projektende: Dezember 2019