Werner Pevetz
Der Fremdenverkehr eröffnet der Landwirtschaft insgesamt sowie regional und lokal neue oder verbesserte Absatzchancen. Die Nutzung dieser neuen Möglichkeiten erfordert allerdings vielfach betriebsorganisatorische Umstellungen. Außerdem bringt der Fremdenverkehr in vielfältiger Weise, hauptsächlich aber durch Zimmervermietung, außerlandwirtschaftliches Zusatzeinkommen auf den Bauernhof. Er kann dadurch zur Besitzfestigung in landwirtschaftlich ungünstigen Gebieten sowie zur Erhaltung einer zahlreichen, wirtschaftlich gesunden, ländlichen Bevölkerung wesentlich beitragen. Da aber der Fremdenverkehr durch seine Abhängigkeit von gewissen Landschaftsmerkmalen regional stark differenziert ist, werden seine konkreten Aussichten als zusätzlicher ländlicher Wirtschaftszweig von Gegend zu Gegend sehr verschieden zu beurteilen sein. Diese Frage ist insbesondere vor kostspieligen Investitionen in die Fremdenzimmereinrichtung sorgfältig zu prüfen. Beachtung verlangt ferner die arbeitswirtschaftliche Konkurrenz zwischen Fremdenverkehr und Landwirtschaft: der Fremdenverkehr als Nebenerwerb soll ja weder zu Lasten des landwirtschaftlichen Betriebes noch zu Lasten der Gesundheit der Bäuerin und des Wohlergehens der Familie aufgenommen werden.
Den wirtschaftlichen Möglichkeiten und Gefahren stehen soziologisch-psychologisch-ethische Vor- und Nachteile gegenüber. Vorteile in der Entstehung eines besseren Verständnisses zwischen Stadt und Land und einer beschleunigten Anpassung der bäuerlichen Mentalität an die veränderten Verhältnisse, Nachteile in einer Desintegration des Familien- und Dorflebens, einer kulturellen Überfremdung und einer sittlichen Gefährdung der Jugend sowie im nachlassenden Interesse an der Landwirtschaft.
Für den ländlichen Raum und die einzelnen Landgemeinden kann die Entfaltung des Fremdenverkehrs eine dringend erforderliche Neubelebung bedeuten, insbesondere wird durch den Fremdenverkehr nachgewiesenermaßen die Bergflucht eingedämmt. Solchen Vorteilen stehen wiederum Gefahren im Bereich der Landschafts- und Siedlungspflege gegenüber.
Eine sachliche Wertung des Fremdenverkehrs erfordert in jedem Falle eine differenzierte Betrachtungsweise, die jedes Klischeedenken vermeidet.