Werner Pevetz
Die vorliegende Arbeit erstrebt einen umfassenden Überblick über die in den Jahren 1960-1972 in Österreich (bzw. zum Teil auch im Ausland über Österreich) auf dem Gesamtgebiet der ländlichen Sozialforschung erbrachten Leistungen. Das hier behandelte Forschungsgebiet ist weiter gespannt als das der "ländlichen Soziologie" im strengen Sinn, denn es berücksichtigt auch die Bereiche der ländlichen Sozialökonomik, der Bevölkerungsdynamik, der Wanderungsstatistik, der arbeitsmarktpolitischen Mobilitätsforschung, ferner die sozialen Aspekte des ländlichen Gesundheitswesens, der Raumforschung, des mit der Landwirtschaft verbundenen Fremdenverkehrs, des Wohnungswesens u. dgl. Der Schwerpunkt der bedeutsameren empirischen Forschungsarbeiten lag in Österreich bisher deutlich bei den arbeitsmarktpolitischen Untersuchungen, der Mobilitätsforschung und - damit in engem Zusammenhang stehend - der ländlichen Regionalforschung (z.B. Tragfähigkeitsberechnungen); nur in diesen Bereichen sind auch größere Projekte, die das gesamte Bundesgebiet betreffen, in Durchführung. Alle diese Arbeiten tragen indessen überwiegend statistisch-strukturanalytischen Charakter; erst in jüngster Zeit beginnt man allmählich auch mit tiefergehenden Motivforschungen. Die spezifisch landsoziologische Forschung entwickelte sich bisher in Österreich durchaus unzureichend; dies gilt in besonderem Maße für Untersuchungen der bäuerlichen Sozialverhältnisse als solche, also der "Agrarsoziologie" im eigentlichen Sinne. Die wenigen vorliegenden Arbeiten, die die Bezeichnung "soziologisch" voll rechtfertigen, stehen isoliert da und fügen sich nicht in ein umfassendes Forschungskonzept ein, was ihre Aussagekraft einschränkt. Insbesondere fehlen in Österreich umfassende bzw. regional sinnvoll gestreute Repräsentativerhebungen über wichtige Problembereiche des ländlichen Soziallebens, wie Landfamilie, Landfrau, Landjugend, Betriebsleiterpersönlichkeit, Einstellungen, Erwartungen und Motivationen betreffend den betrieblichen Strukturwandel, die berufliche Umstellung, die Mobilität usw.; auch Fragen des landwirtschaftlichen Organisationswesens sowie Einstellungen zu neuen Wegen in der Agrarpolitik (z.B. Bergbauernprogramm) wurden bisher soziologisch noch nicht durchleuchtet. Die - noch dazu sehr ungleichmäßig über das Bundesgebiet verteilten - Dorfuntersuchungen genügen in ihrer Mehrzahl keineswegs höheren soziologischen Anforderungen und besitzen für die zu erwartende, regionale Dynamik kaum Aussagewert. - In der Schlußbetrachtung werden diese Lücken der Forschung aufgezeigt, der praktische Nutzeffekt der Landsoziologie für die Agrarpolitik wird hervorgehoben, und es werden Vorschläge für eine schwerpunktmäßige Intensivierung der Forschung auf diesem Gebiet gebracht. Den Abschluß bilden eine thematisch geordnete Bibliographie, deren Gliederung jener des Hauptteils entspricht, sowie ein auf die Bibliographie verweisendes Verfasserregister.