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SR069: Überwirtschaftliche Leistungen, Nachhaltigkeit und Non-trade Concerns

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Martha Neunteufel

Seit die Multifunktionalität der Landwirtschaft Anerkennung findet und immer breitere Kreise der Bevölkerung und die Entscheidungsträger die Ansicht vertreten, daß die Landwirtschaft nicht nur die Produktion von Waren gewährleistet, sondern auch Leistungen anbietet, die aus ökologischen, regionalpolitischen oder soziokulturellen Gründen notwendig sind, ist die Frage der Bewertung dieser Leistungen, die als überwirtschaftlich, überbetrieblich (oder manchmal als Umweltleistungen) bezeichnet werden, aktuell geworden.

Verschiedene Methoden zur Quantifizierung des wertes dieser Leistungen wurden in der Fachliteratur erarbeitet. Grundsätzlich kann man diese in zwei Gruppen einteilen: Entweder wird die Nachfrage (z.B. gemessen durch die Zahlungsbereitschaft, hedonic price method usw.) oder werden die Kosten, also die Angebotsseite (z.B. Ersatzkostenmethode) als wertbestimmend angesehen. Von den Studien, die bisher in Österreich ausgeführt wurden, haben PRUCKNER u.a. (1991) die ersterwähnte, PEVETZ u.a. (1990) die zweite Methode angewendet.

Eine Analyse der Methoden, die zur Quantifizierung dieser Werte - ob von der Angebots- oder Nachfrageseite ausgehend - herangezogen wurden, zeigt jedoch, daß inherente, theoretische Unklarheiten nicht bereinigt worden sind. Der Begriff des Wertes in diesem Zusammenhang (nicht-marktgängige Güter und Leistungen, nicht-erneuerbare Ressourcen usw.) wurde von der Ökonomie (noch) nicht hinreichend definiert. Die Vorbedingung einer korrekten Messung ist jedoch eine theoretisch präzise Definition jener Eigenschaft, die man quantifizieren will. Diese Frage wurde im Kapitel 1 behandelt.

Im Kapitel 2. wurden die theoretischen Definitionen der zwei grundlegenden werttheoretischen Schulen der Ökonomie die Arbeitswerttheorie und die marginalistische Werttheorie besprochen. An Hand des Von-Neumann-Modells wurde nachgewiesen, daß die beiden Wertbegriffe in dem Wachstumskontext einander nicht widersprechen, sondern sich (zumindest auf dem Gleichgewichtswachstumspfad) gegenseitig implizieren. Es wurde auch gezeigt, daß die werte vom Wachstumspfad abhängig sind und nur ihre Relationen, nicht aber ihre absolute Höhe bestimmbar ist. Es muß betont werden, daß sich die auf diese Weise bestimmbaren Wertrelationen (und nach einer subjektiv gewählten Numéraire errechenbaren absoluten Werte) nur auf Güter und Arbeit (und eventuell auf erneuerbare Ressourcen) beziehen, auf nicht-erneuerbare Ressourcen jedoch nicht anwendbar sind.

Die Einbeziehung der nicht-erneuerbaren Ressourcen in das Wachstumsmodell, die ihre Wertbestimmung (d.h. die Erarbeitung einer dynamischen und derzeit für die Ökonomie noch nicht zur Verfügung stehenden Werttheorie) ermöglichen würde, führt aus dem Bereich der herkömmlichen Ökonomie heraus. Dies wurde im Kapitel 3 erörtert. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Ökonomie und Ökologie (die Einbeziehung der Ressourcen in ein Wachstumsmodell bedeutet, daß das Wirtschaftswachstum in seiner Abhängigkeit von den vorhandenen Ressourcen untersucht wird) kann in einer konsistenten weise Mit Hilfe der allgemeinen Systemtheorie untersucht werden. Daher wurden einige in dieser Untersuchung relevante Begriffe der allgemeinen Systemtheorie vorgestellt. Besonderes Augenmerk wurde der Kommunikation verschiedener Systeme geschenkt, da diese in den Reaktionen der Wirtschaft auf Änderungen in der Umwelt bestimmend sind. Es konnte dabei festgestellt werden, daß Preise, die die Grundlage der ökonomischen Kommunikation bilden, nicht unbedingt als Informationsträger zwischen der Wirtschaft und anderen Systemen (z.B. physikalische Umwelt) geeignet sind. Die Suche nach anderen, effizienten Informationsträgern in dem Zusammenhang Wirtschaft und Umwelt führt zu einer physikalischen Ökonomie, die jetzt im Entstehen ist und in dieser Studie kurz besprochen wurde. Eine zufriedenstellende Antwort auf die Bewertung der nicht-erneuerbaren Ressourcen kann mit Hilfe der physikalischen Modelle auch (nach dem derzeitigen Stand der Forschung) nicht gefunden werden.

Zusammenfassend kann also festgestellt Werden: Die Frage der Quantifizierung des (ökonomischen) wertes der überwirtschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft führt zum Problem der Bestimmung des Wertes von (erneuerbaren und nicht-erneuerbaren) Ressourcen. Dies ist - zumindest derzeit - mit den von der Ökonomie allein gebotenen Mitteln nicht zu lösen. wenn man auch das Problem der Kommunikation verschiedener Systeme in Betracht zieht, ist es auch fraglich, ob der Begriff "Wert" in diesem Zusammenhang sinnhaftig angewendet werden kann.

Es erscheint daher zielführender, die gestellte Frage neu zu formulieren und nach dem (gesamtgesellschaftlich) erwünschten Entwicklungspfad der Wirtschaft (und darin der Landwirtschaft) zu fragen. Eine langfristig aufrechthaltbare, nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft bedarf einer Steuerung, die sowohl wertmäßige (marktkonforme) Elemente, als auch physikalische Limits (durch welches Instrumentarium, ist eine offene Frage) beinhaltet. Einer hinreichenden theoretischen Definition der Nachhaltigkeit, und zwar in den systemischen, vernetzten Beziehungen der Landwirtschaft, durch die sie mit anderen Bereichen verbunden ist, sollte Priorität in der Forschung eingeräumt werden. Dies würde auch ermöglichen, jene in den derzeitigen GATT-Verhandlungen im Agrarbereich angebotenen wirtschaftspolitischen Instrumente, die unter dem Begriff "Nontrade concerns" zusammengefaßt wurden, im international anerkannten Rahmen effizient zur Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung einzusetzen.

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