Leopold Kirner
Die Agrarpolitik in Österreich bzw. in Oberösterreich widmet sich seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts mittels spezieller Programme den Bergbauernbetrieben. Ziel war bzw. ist es, einen Ausgleich für die natürlichen Nachteile zu erreichen und somit die Bewirtschaftung in benachteiligte Region aufrecht zu erhalten. Die vorliegende Studie untersucht für verschiedene Perioden die Wettbewerbsfähigkeit der Bergbauernbetriebe bzw. Betriebe in benachteiligten Gebieten in Oberösterreich. Die Bedeutung der Politik in Form von Direktzahlungen für die Betriebe wird besonders herausgearbeitet. Daran anschließend werden Berechnungen vorgestellt, wie sich die wirtschaftliche Situation der Bergbauernbetriebe in den nächsten Jahren nach Umsetzung des Health-Check entwickeln könnte. Darüber hinaus werden Argumente gesammelt, warum auch in Zukunft die Milchproduktion im oberösterreichischen Berggebiet zunimmt. Abschließend leitet die Arbeit Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung in benachteiligten Regionen Oberösterreichs ab.
Etwa die Hälfte aller landwirtschaftlichen Betriebe in Oberösterreich wirtschaftete im Jahr 2007 im benachteiligten Gebiet. Knapp 43 % der Betriebe zählten zu den Bergbauernbetrieben (Betriebe im Berghöfekataster). Der überwiegende Anteil der Bergbauernbetriebe in Oberösterreich zählt zu den Berghöfekataster-Gruppen 1 und 2 (bis 180 Punkte), Bergbauernbetriebe mit extremen natürlichen Standortnachteilen finden sich in Oberösterreich deutlich seltener als im Bundesgebiet. Der durchschnittliche Bergbauernbetrieb in Oberösterreich bewirtschaftete im Jahr 2007 etwa 15 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche, in Nichtbergbauernbetrieben lag der entsprechende Wert bei rund 20 Hektar.
Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts werden spezielle Förderprogramme für Bergbauernbetriebe und Berggebiete in Österreich bzw. Oberösterreich umgesetzt. Die finanziellen Mittel für Betriebe mit natürlicher Erschwernis sowie die Anzahl der Empfänger haben sich seit der Anfangszeit stetig erhöht. Signifikant gesteigert hat sich auch der durchschnittliche Förderbetrag je Betrieb. Im Jahr 1972 erhielten die Bergbauernbetriebe in Oberösterreich im Schnitt 145 Euro je Betrieb, bis 1994 stieg der Betrag auf etwa 1.100 € je Betrieb. Mit dem EU-Beitritt erhöhte sich die durchschnittliche Prämie auf etwa 1.600 € (erste Programmplanungsperiode) bzw. auf etwa 2.300 € (ab 2001) je Betrieb.
Die Auswertung von Buchführungsdaten für verschiedene Perioden belegt, dass die Bergbauernbetriebe in Oberösterreich tendenziell niedrigere Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft erwirtschaften als Nichtbergbauernbetriebe. Insbesondere die Einkommen je Arbeitskraft liegen deutlich unter dem Schnitt der Nichtbergbauernbetriebe in Oberösterreich. Die Direktzahlungen federn den Großteil der geringeren Einkünfte vom Produktverkauf ab, vermögen jedoch nicht ganz die Standortnachteile zu kompensieren. Die Nachteile in der Rentabilität nehmen mit zunehmender Erschwernis zu, wobei der Anteil der Betriebe mit extremen Bewirtschaftungserschwernissen in Oberösterreich niedriger liegt. Andererseits bilden in Oberösterreich Bergbauernbetriebe im Schnitt mehr Eigenkapital als Nichtbergbauernbetriebe: Für Lebensführung und Sozialversicherung wird weniger ausgegeben und die größeren Haushalte begründen höhere Sozialtransfers. Der landwirtschaftliche Haushalt, in dem der land- und forstwirtschaftliche Betrieb ein Standbein darstellt, spielt somit für Bergbauernbetriebe eine größere Rolle als für Nichtbergbauernbetriebe.
Die vorliegende Studie enthält auch Einschätzungen von Bergbauern und Bergbäuerinnen in Oberösterreich zu verschiedenen Themen der Betriebsführung, die im Rahmen einer bundesweiten Befragung erhoben wurden. Darin kommt eindeutig zum Ausdruck, dass Bergbauern und Bergbäuerinnen in Oberösterreich zuallererst ihren Betrieb erhalten bzw. weiterführen und die Lebensqualität auf ihren Höfen verbessern wollen. Die Erhöhung des Einkommens wird hingegen nicht so häufig als Ziel genannt. Ein wesentlicher Unterschied zu Nichtbergbauernbetrieben ist die stärkere Betonung auf naturnahe Produktionsverfahren, wie beispielsweise die Weidewirtschaft. Generell wünschen sich die Bergbauern und Bergbäuerinnen stabile Rahmenbedingungen für die Bewirtschaftung.
Die agrarpolitischen Rahmenbedingungen bis 2013 stehen seit dem Beschluss zum Health-Check fest. Modellrechnungen auf der Grundlage dieser Beschlüsse bestätigen, dass daraus aus heutiger Sicht keine gravierenden Nachteile für Bergbauernbetriebe zu erwarten sind. Für Einzelbetriebe im Berggebiet könnten dann Einkommensverluste aus der Reform resultieren, wenn gut dotierte Betriebsprämien existieren (zusätzliche Modulation) oder wenn die Ausdehnung der Milchquote zu deutlicheren Einbrüchen beim Milchpreis führt als in den Berechnungen unterstellt. Zudem wird als Anpassung für die Ausdehnung bzw. Aufhebung der Milchquote ab 2010 eine Milchkuhprämie in Österreich eingeführt, diese Prämie schlägt sich direkt auf das Einkommen der Milchbetriebe nieder. Bergbauernbetriebe ohne Milchproduktion werden vom Health-Check kaum berührt. Die Mutterkuhprämie bleibt an die Produktion gekoppelt und die meisten Beschlüsse wie die Aufhebung der Stilllegung oder Änderungen bei der Intervention betreffen diese kaum. Einzig die zusätzliche Modulation kann im Einzelfall zu Kürzungen von Prämien und somit Einkommen führen, wobei der Großteil der Bergbauernbetriebe ohne Milchproduktion weniger als 5.000 € an Marktordnungsprämien erhält und somit nicht der Modulation unterliegt.
Gesonderte Auswertungen von agrarstrukturellen Daten erlauben die Prognose, dass die Milchproduktion im oberösterreichischen Berggebiet auch in Zukunft zunehmen wird. Die Bergbauernbetriebe in Oberösterreich weisen eine geringe natürliche Erschwernis auf, verfügen im Schnitt über einen hohen Anteil von Grünland (kaum extensives Grünland) und wirtschaften in Regionen mit einer hohen Konzentration der Milchproduktion. Da in Oberösterreich nur ein geringer Anteil von Bergbauernbetrieben mit extremen natürlichen Standortnachteilen Milch produziert, stellt sich hier das Problem der Aufgabe in Regionen mit größerer natürlicher Erschwernis weniger.
Die Analysen der vorliegenden Studie führen zum Schluss, dass für die künftige Wettbewerbsfähigkeit und Persistenz von Bergbauernbetrieben und Betrieben im benachteiligten Gebiet in Oberösterreich ein Zusammenspiel geeigneter Maßnahmen zwischen Agrarpolitik bzw. Politik im Allgemeinen, Beratung bzw. Schule sowie Bergbauern und Bergbäuerinnen erforderlich ist. Die Agrarpolitik muss in erster Linie danach trachten, die Ausgleichszahlungen für natürliche Standortnachteile auch in Zukunft abzusichern, da diese eine wesentliche Säule des Einkommens für Bergbauernbetriebe darstellten. Die Politik ist zudem gefordert, die verschiedenen Einkommensquellen für Bergbauernbetriebe im Rahmen der Arbeits- und Sozialpolitik zu sichern. Das Schul- und Beratungswesen soll Änderungsprozesse in den Bergbauernbetrieben begleiten und neue Lösungen für geänderte Rahmenbedingungen in Agrarpolitik und Gesellschaft anbieten. Besonders gefordert sind die Bergbauern und Bergbäuerinnen selbst, die durch ihre Entscheidungen laufend die Betriebsführung determinieren. Alle Möglichkeiten, die Entscheidungen bestmöglich vorbereiten, sollten daher von Bergbauern und Bergbäuerinnen gesucht und genutzt werden.