Das Internationale Farm Comparison Network (IFCN) lud Milchwirtschaftsforscherinnen und Milchforscher aus aller Welt zu seiner 26. Milchwirtschaftskonferenz in die Niederlande ein. Die diesjährige Konferenz stand unter dem Thema „Zukünftige Milchwirtschaftssysteme: Resilienz als Weg zur Nachhaltigkeit“. Die Veranstaltung fand in Leeuwarden statt, einem Zentrum für Innovation und Forschung in der Milchwirtschaft in den Niederlanden, das eine zentrale Rolle bei der Förderung nachhaltiger und effizienter Milchwirtschaftspraktiken spielt. Die Veranstaltung fand vom 19. bis 23. Mai 2025 mit mehr als 60 Teilnehmer:innen aus aller Welt statt.
Globale und regionale Marktentwicklungen
Der niederländische Milchwirtschaftsexperte des IFCN stellte den niederländischen Milchsektor vor. Er wies darauf hin, dass die Niederlande als wichtiger Milchproduzent und -exporteur vor allem mit knappern Landressourcen und strengen Umweltvorschriften, insbesondere in Bezug auf Güllemanagement und Stickstoffemissionen, konfrontiert sind. Diese lokalen Herausforderungen spiegeln sich auch in den globalen Trends der Milchproduktion und der Marktdynamik wider. Das globale Wachstum der Milchproduktion hat sich auf 2,0 % pro Jahr verlangsamt, wobei der informelle Sektor schneller wächst als der formelle. Traditionelle Exporteure wie Europa und Ozeanien erleben aufgrund klimatischer, arbeitsmarktpolitischer und politischer Einschränkungen eine Stagnation, während Regionen in Asien und Afrika Wachstumspotenziale aufweisen. Aufgrund von Arbeitskräftemangel und Kosteneffizienz setzen Betriebe in Industrieländern verstärkt auf Automatisierung. Ein hohes Milchpreisniveau und im Jahresvergleich niedrigere Produktionskosten haben die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlicher Betriebe 2024 weltweit gesteigert, wobei die USA besonders hohe Betriebsergebnisse erzielten. Darüber hinaus gewinnen in der Milchwirtschaft Nachhaltigkeitsaspekte – sowohl wirtschaftlicher, ökologischer als auch sozialer Natur – zunehmend an Bedeutung.
Resilienz als Weg zur Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit in der Milchwirtschaft wird zunehmend nicht nur als Überlebensfrage, sondern als Weg zum Erfolg in einer sich verändernden Welt anerkannt. In den Niederlanden bedeutet Resilienz in der Milchwirtschaft die Anpassung der Betriebe an eine wachsende Zahl von Umweltvorschriften – von Biodiversitätsanforderungen und Rationsgestaltungen bis hin zu künftigen Vorschriften für organischen Dünger und Tierschutz. Angesichts dieser Herausforderungen müssen Landwirt:innen anpassungsfähig und transformativ sein. Als Lösungsansätze in den Niederlanden wurden der Einsatz von automatischen Systemen zur Futtergewinnung oder die Nutzung von organischem Dünger zur Biogasproduktion und der daraus resultierende Handel mit Emissionszertifikaten vorgestellt (siehe Fotos).
Die wissenschaftliche Programmleiterin der IDF (International Dairy Federation) wies darauf hin, dass Entwicklungsländer Wohlstand und Effizienz priorisieren, während Industrieländer den Fokus auf Emissionen legen. In diesem Sinne hat IDF hat sich die Aufgabe gestellt, ein frei verfügbares Ökobilanzmodell zu entwickeln und kontinuierlich zu aktualisieren, das es ermöglicht, Emissionen weltweit einheitlich zu messen, zu vergleichen und zu bewerten. Weiters wurde während der Veranstaltung betont, dass in vielen Regionen (z.B. USA, Argentinien) Betriebsleiter:innen von Milchviehbetrieben heute zunehmend die Rolle von Personalmanager:innen einnehmen müssten. Zu verstehen, was Mitarbeiter:innen in ihrer Arbeit motiviert, ist entscheidend für den Aufbau und Erhalt einer stabilen, qualifizierten Belegschaft.
Milchwirtschaft 2035: Auf Kurs oder nicht?
Zwischen 2020 und 2025 erlebte die globale Milchwirtschaft erhebliche Umbrüche – von der COVID-19-Pandemie und Inflation über den Klimawandel bis hin zur veränderten Verbrauchernachfrage, insbesondere nach fettreichen Produkten. Dieser Druck veränderte die Milchproduktion, die Milchpreise und den weltweiten Handel. Während „reife“ Märkte in Europa und Ozeanien mit Stagnation und regulatorischen Hürden konfrontiert sind, steigt die Nachfrage nach Milch(produkten) in Asien und Afrika. Das verlangsamte Produktionswachstum hat zu einer Fokussierung auf Effizienz und intelligentere Produktmixe geführt. Es wird erwartet, dass die Milchpreise aufgrund eines knappen Angebots als Ergebnis anhaltender Risiken (z.B. Tierseuchen) und Wetterextremen auf hohem Niveau bleiben. Um die steigende globale Nachfrage bis 2035 zu decken, muss die Branche Innovationen, Strategieplanung und maßgeschneiderte regionale Ansätze vorantreiben.
Die Resilienz des Milchwirtschaftssektors hängt letztlich aber von den agierenden Personen ab: den Landwirt:innen, Arbeiter:innen und Führungskräften. Eine starke Führung ist unerlässlich, um Anpassungsfähigkeit zu fördern und eine wirtschaftliche Produktion ,insbesondere in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit, zu gewährleisten. Nach drei Tagen intensiver Diskussionen waren sich die Teilnehmer:innen der Konferenz einig, dass die Zukunft des globalen Milchsektors von seiner Fähigkeit abhängt, sich durch Innovationen anzupassen, seine Strategien an den agierenden Menschen ausrichtet und so ein nachhaltiges Wachstum sicherstellt.
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© Hambrusch, 2025
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