BAB-Report

BAB Report 005: Die Landwirtschaft im integrierten Hochwasserrisikomanagment

Die hier präsentierten Arbeiten der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen erfolgten im Rahmen des von der Österreichischen Akademie für Wissenschaften finanzierten und von der Universität für Bodenkultur koordinierten Projektes „PoCo-FLOOD Integrated Flood Risk Management in Mountain Areas: Assessing Sectoral Interdependencies, Conflicts and Options for Policy Coordination“. Ziele des Teilbereiches „Interaktionsfeld Landwirtschaft“ waren die Darstellung und Analyse

  • der räumlichen Dimensionen und die differenzierte Betroffenheit und Bedeutung der landwirtschaftlichen Gebiete bezüglich Hochwasserereignissen (mittels GIS Analysen);
  • der rechtlichen Rahmenbedingungen und Instrumente im Bereich Landwirtschaft und Hochwasserrisikomanagement (mittels Literaturrecherche);
  • der Verfahrensabläufe, Rollen und Arten der Einbindung von Beteiligten bei der Umsetzung von Hochwasserschutzprojekten (mittels Interviews).

Damit sollen das Bewusstsein und das Verständnis zwischen Landwirtschaft und Hochwassermanagement gestärkt werden und Optionen zur verbesserten Interaktion deutlich gemacht werden.

Detaillierte Analysen landwirtschaftlicher Nutzungen in Hochwasserrisikogebieten ergaben, dass in Österreich rund 246.000 ha (=7,7 % der in INVEKOS erfassten Landwirtschaftsflächen) innerhalb der Hochwasserrisikogebiet liegen, davon werden z.B. 57.200 ha als intensives Grünland genutzt, 36.000 ha sind mit Futtermais und 25.000 ha mit Winterweichweizen bebaut. Wenn man nur das Alpenkonventionsgebiet betrachtet liegen 104.000 ha der INVEKOS-Flächen in Hochwasserrisikogebieten, die Nutzungsanteile verschieben sich entsprechend der natürlichen Gegebenheiten zu Grünland- und Feldfutternutzungen. Je nach Nutzungsart ergibt sich eine sehr unterschiedliche ökonomische Betroffenheit landwirtschaftlicher Betriebe im Fall von Hochwasserereignissen – leicht ersichtlich, wenn man z.B. den Standardoutput-Koeffizienten von Körnermais (EURO 1.640,-/ha/Jahr) dem von zweimähdigen Wiesen (€340,-/ha/Jahr) gegenüberstellt (BAB, 2020). Bei Überlagerung der Hochwasserrisikogebiete mit besonders für die regionale Ernährungssicherung bedeutsamen Flächen (nach Haslmayr et al., 2018) zeigt sich, dass besonders in Berggebieten die Betroffenheit der Landwirtschaft durch Hochwasserereignisse überdurchschnittlich hoch ist, da sich hochwertige Landwirtschaftsflächen hier vorwiegend in Tallagen befinden.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich Hochwassermanagement zeigen vielfältige verbindliche Vorgaben und Instrumente seitens des Hochwassermanagements auf allen Ebenen (Hochwasserrichtline auf EU-Ebene bis zu wasserrechtlichen Bewilligungen auf lokaler Ebene). In den Vorgaben der Schutzwasserwirtschaft werden landwirtschaftliche Flächen als Retentionsräume gesehen, um höherwertige Nutzungen mit größerem Schadenspotential zu schützen, landwirtschaftliche Flächen selbst sollen nicht vor Hochwässern geschützt werden. Seitens der Landwirtschaft sind diesbezüglich das Landwirtschaftsgesetz sowie die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) relevant. Im Rahmen der GAP bestehen Fördermaßnahmen für Bewirtschaftungsformen, mit denen das Hochwasserrisiko in einem gewissen Ausmaß gemindert werden kann – diese werden laufend mit dem Nationalen Hochwasserrisikomanagementplan RMP abgestimmt. Flächen für bestimmte Hochwasserschutzprojekte werden auf Ebene privatrechtlicher Verträge gesichert, bei denen Grundeigentümer:innen ihre persönlichen Interessen vertreten. Das gesellschaftliche Interesse am Erhalt landwirtschaftlicher Flächen ist nicht Teil des Prozesses. Das österreichische Landwirtschaftsgesetz greift beim Schutz landwirtschaftlicher Flächen vor Umnutzungen kaum, da es keine spezifischen Instrumente zur Flächensicherung bietet. Indirekt ist dieser durch Instrumente der Raumplanung und Wasserwirtschaft möglich, allerdings in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt und wenig genutzt. Der Trend geht zu integriertem Hochwasserrisikomanagement und der Einbindung aller relevanter Akteure und Akteurinnen, um in einem Gewässerabschnitt bzw. Einzugsgebiet eine bestmögliche Lösung zu finden. Das im Zuge eines Hochwasserschutzprojektes verpflichtende neue Instrument der Schutzwasserwirtschaft – das Gewässerentwicklungs- und Risikomanagementkonzept (GE-RM) – bietet Potenzial zur Einbindung landwirtschaftlicher Interessen.

Interviews mit Beteiligten sowie Expertinnen und Experten im Fachbereich Hochwasser-Landwirtschaft verdeutlichen Konfliktpunkte zwischen den Sektoren Landwirtschaft und Hochwasserrisikomanagement. Als besonders problematisch werden dabei unterschiedliche Interessen, mangelnde Kommunikation und Koordination, Flächenverlust für die Landwirtschaft, fehlende Transparenz bei Entschädigungen, fehlender Ausgleich zwischen Ober- und Unterliegern und Aktivitäten von Widerstandsgruppen wahrgenommen.

Die wichtigsten Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit sind daher, dass es aus Sicht landwirtschaftlicher Akteurinnen und Akteure notwendig ist, (1) die Rolle der Landwirtschaft und das Bewusstsein um die unterschiedliche Bedeutung von Landwirtschaftsflächen für Betriebe und die Ernährungssicherung im Rahmen von bestehenden Instrumenten in Wasserwirtschaft und Raumplanung zu stärken, (2) die Kommunikation und Koordination in Hochwassermanagementprozessen zu verbessern, (3) einen fairen Ausgleich zwischen Ober- und Unterliegern zu ermöglichen und (4) attraktive Konditionen für die landwirtschaftlichen Grundeigentümer:innen zu schaffen, die eine nachhaltige Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen betreiben.

Landscape Flood Nature

Landscape Flood Nature

(c) Pixabay

ProjektleiterIn

WAGNER, Klaus

DI Klaus WAGNER

Berggebietsforschung und Regionalentwicklung

Team

GRUENEIS, Heidelinde

DI.in Dr.in Heidelinde GRUENEIS

Berggebietsforschung und Regionalentwicklung
NIEDERMAYR, Julia

DI.in Julia NIEDERMAYR

Agrar-, Umwelt- und Ernährungssysteme
SCHROLL, Karin

DI.in Karin SCHROLL

Berggebietsforschung und Regionalentwicklung
WAGNER, Klaus

DI Klaus WAGNER

Berggebietsforschung und Regionalentwicklung
Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

Newsletter

Melden Sie sich zu unserem Newsletter an, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Dietrichgasse 27
1030 Wien
 +43 (1) 71100 - 637415

© 2024 bab.gv.at. Alle Rechte vorbehalten