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SR024: Projektion der Bodennutzung und der Erträge in Österreich bis 1985

Josef Binder, Karl M. Ortner, Richard Schewczik

Der Entwicklung von Angebot und Nachfrage nach pflanzlichen Produkten wird bei zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Interdependenzen zwischen dem Agrarsektor und den anderen Wirtschaftssektoren von seiten der Entscheidungsträger große Aufmerksamkeit entgegengebracht. Bis zur weltweiten Rohstoffkrise in den ersten siebziger Jahren standen noch die Probleme einer Überproduktion im Vordergrund, seither verlagerte sich dagegen der Schwerpunkt politischer Zielsetzungen in Richtung Versorgungssicherung für den Fall, daß die wichtigsten Rohstoffe produzierenden Länder wegen schlechter Ernten oder politischer Hemmnisse den Weltmarkt nicht der Nachfrage entsprechend beliefern können. Gleichzeitig traten Umweltschützer, Ökologen und Soziologen mit dem Bemühen, die produktiven Ressourcen, nämlich die Arbeitskräfte und die Qualität des Bodens, zu erhalten, verstärkt an die Öffentlichkeit.

In der vorliegenden Untersuchung ging es vor allem um die Frage, welche Anbauflächenstruktur in Österreich künftig (bis 1985) zu erwarten ist, welche Ernten daraus abgeleitet werden können und ob sie mit dem Bedarf übereinstimmen. Dafür wurden die Tendenzen, die die Flächen und Hektarerträge der wichtigsten Kulturarten und Ackerfrüchte in den Jahren 1959 bis 1973 aufwiesen, für Österreich und seine politischen Bezirke bis 1985 projiziert. Die errechneten Ergebnisse setzen voraus, daß künftig keine Maßnahmen getroffen werden, die die herrschenden Tendenzen ändern würden. Weiters wurde angenommen, daß die Flächenentwicklung der verschiedenen Bodennutzungsarten durch biologische, technologische und wirtschaftliche Gegebenheiten beschränkt ist und sich daher ihre bisherige Entwicklung allmählich abschwächt. Die Unterstellungen hinsichtlich der künftigen Hektarertragsentwicklung sind zwangsläufig rigoros und haben einen starken Einfluß auf die projizierten Gesamternten. Aus diesem Grund wurden für Österreich niedrige und hohe Prognosewerte berechnet, die der Annahme von entweder abnehmenden oder konstanten jährlichen Ertragszunahmen entsprechen. Für die politischen Bezirke wurden lediglich niedrige Prognosewerte erstellt. Dennoch dürften die hohen Prognosewerte, die auf den Hektarerträgen bis 1975 aufbauen und eine eventuelle Niveauverschiebung durch die Einführung der Besonderen Ernteermittlung berücksichtigen, das größere Vertrauen verdienen. In der Zusammenfassung beschränken wir uns daher auf die mit linearem Trend berechneten Hektarerträge.

Eine andere Frage, die behandelt wurde, hatte das Verhältnis zwischen dem projizierten Angebot und dem voraussichtlichen Bedarf zum Inhalt. Aufbauend auf einer vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung erstellten Prognose des Ernährungsverbrauchs wurde der Getreidebedarf insgesamt berechnet und in Anlehnung an das Angebot auf die Getreidearten aufgeteilt.

Es zeigte sich, daß die landwirtschaftlich genutzten Flächen abnehmen werden. 60.800 Hektar (ha) marginales Land dürften von 1973 bis 1985 in forstwirtschaftliche Nutzung wechseln. Im selben Zeitraum dürfte das Ackerland um 67.500 ha zurückgehen, Weingärten und intensiv genutzte Grünlandflächen werden zunehmen. Auf dem Ackerland sind beträchtliche strukturelle Änderungen zu erwarten: Die Anbaufläche der Gerste dürfte um 34.000 ha ausgeweitet werden und 1985 bereits 25,1 % der Ackerfläche umfassen. Weizen würde seine gegenwärtige Ausdehnung nahezu beibehalten und 19,4 % der Ackerfläche einnehmen, während auf Körnermais nur 12,1 % entfallen werden. Der stärkste Flächenrückgang ist mit 48.900 ha bei Feldfutter zu erwarten. Roggen-, Hafer- und Kartoffelflächen nehmen voraussichtlich ebenfalls ab.

Die Hektarerträge weisen steigende Tendenz auf; einige werden bis 1985 die 40 q-Grenze überschreiten, nämlich die von Winterweizen und Winter- und Sommergerste. Die Körnermaiserträge könnten im Durchschnitt der Jahre um 1985 sogar auf über 80 q/ha steigen. Auch die Ernten nehmen zu. Im Jahr 1985 würde es um 187.500 t mehr Weizen, 385.000 t mehr Gerste und 555.000 t mehr Körnermais als 1973 geben. Die Schätzung des Bedarfs deutet jedoch darauf hin, daß diese Zunahme notwendig wäre, wenn der gegenwärtige Selbstversorgungsgrad mit Grundnahrungsmitteln erhalten bleiben soll.

Die Nachfrage nach Getreide insgesamt wurde bei 100 %iger Selbstversorgung mit Grundnahrungsmitteln für 1985 mit 5,356.000 t geschätzt. Dieser Bedarf liegt um 25.800 t unter der bei Annahme hoher Hektarerträge geschätzten Gesamternte. Dieses Ergebnis scheint zu bestätigen, daß Angebot und Nachfrage der Getreidearten insgesamt langfristig übereinstimmen werden. Das kann allerdings von einigen Ackerfrüchten bei Anhalten der bisherigen Entwicklung nicht gesagt werden. Hier wären Überschüsse an Zuckerrübe und Brotgetreide zu erwarten, während einige Futtergetreidearten, vor allem Hafer, in zu geringer Menge angeboten würden. Bei kurzfristiger Betrachtungsweise erlangen die witterungsbedingten Ernteschwankungen besonderes Gewicht, die vor allem bei Kartoffeln und Zuckerrübe überdurchschnittlich groß sind.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß marginale Böden aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausscheiden werden und sich die intensive Bodennutzung auf klimatisch und wirtschaftlich begünstigte Gebiete konzentrieren wird. Ackerfrüchte mit relativ höheren Erträgen werden von den Produzenten zwar bevorzugt, doch ist das entscheidende Kriterium für die Erstellung des Anbauplanes der Landwirte sicherlich wirtschaftlicher Natur. Die Übereinstimmung zwischen Gesamtangebot und Gesamtnachfrage nach Getreide ist demnach auch kein Zufall, sondern eine Folge der Marktkräfte: Die große Anzahl von Anbietern hat ihre Entscheidungen an geregelten Preisen für die meisten Erzeugnisse zu orientieren. Aus diesem Grund entwickelt sich die pflanzliche Produktion nicht autonom, wie in der vorliegenden Studie angenommen wird, sondern ist eine Funktion der erwarteten Preise. Wenn sich die Wettbewerbskraft der einzelnen Produkte untereinander verschiebt, werden die Landwirte die Anbauverhältnisse entsprechend verändern. Mit der Preisregelung liegt es in der Hand der politischen Entscheidungsträger, die von ihnen gewünschte Flächen- und Erntestruktur anzusteuern, die vom Ergebnis der vorliegenden Flächen- und Ernteprojektionen abweichen kann.

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