AWI

SR043: Wirtschaftlichkeit der Äthanolerzeugung aus Getreide und Körnermais

Hubert Janetschek

Der vorliegenden Studie liegt nicht nur eine umfangreiche prozeßanalytisch orientierte Regionalanalyse zugrunde, sondern es wurde die Ökonomische Problemstellung dahingehend erweitert, daß eine gesamtwirtschaftliche Analyse unter der Berücksichtigung der Ergebnisse des Gutachtens des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen (12) mit einbezogen wurde.

Zum Verlauf der vorliegenden Studie sei erwähnt, daß sie gemäß ihres zugrundegelegten Zieles, nämlich eine prozeßanalytische Optimierung für eine regionale Äthanolerzeugung durchzuführen, Ende 1984 fertiggestellt wurde (siehe Kapitel 1 bis 5). Die Erweiterungen der Studie Über das Kapitel 5 hinaus gehen auf einen Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zurück. Die Kapitel 6 und 7 sind Ergänzungen und Erläuterungen, die eine Abrundung der Modellergebnisse darstellen. Das Kapitel 8 beinhaltet den Versuch, eine ökonomische Analyse in Form eines Kosten-Nutzenvergleichs überregional, d.h. österreichweit, durchzuführen. Zu diesem Zweck mußten auch die Berichtsergebnisse des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen zum Thema "Ethanol als Kraftstoffkomponente", erschienen im Juli 1985, abgewartet werden, in welchen erstmals Beimischungsraten für österreichischen Äthanol offiziell angegeben waren, die auch die Mineralölwirtschaft akzeptiert. Denn mit der Beimischungsrate war auch die Frage der Mengenziele für ein Österreichisches Treibstoffalkoholprogramm und der damit verbundenen Äthanolabgabepreise verknüpft. Diese und auch neue Daten bezüglich Konversionskosten, die im Gutachten angegeben waren, wurden in der gesamtwirtschaftlichen Analyse (Kapitel 8) der vorliegenden Studie miteinbezogen.

Ein Vergleich der erforderlichen Stützungen für österreichisches Getreide, ohne Opportunitätskostenprinzip, ergibt, daß bei Vollkostendeckung der agrarischen Erzeugung der Stützungsaufwand beim zugrundeliegenden Rohstoffmix und einer 2,6 %igen Beimischung S 2.446,-/t beträgt, im Gegensatz zur eher ungünstigen Mahlweizenexportsituation, die bei 145 $/t Weizen und S 16,- Dollarwechselkurs einen Stützungsaufwand bereits von S 2.707,- pro Tonne oder S 16.706,- pro ha erfordert.

Berechnet man die Kosten der Äthanolerzeugung auf Basis Zuckerrübe laut den Angaben des Gutachtens, so ergibt sich eine Hektarbelastung von ca. S 22.000,-, wobei maximal 6.000-10.000 ha "Überschußfläche" zusätzlich beansprucht werden.

Eine weitere gesamtwirtschaftliche Gegenüberstellung der Verwertung Österreichischen Getreides im Export (1982-84) oder als Rohstoff in der Äthanolerzeugung ergab einen Nutzen-Kosten-Quotienten für die Exportverwertung von 0,63, für die Äthanolverwertung von 0,86. Das bedeutet, daß beide Verwertungsarten für eine ausreichende Wirtschaftlichkeit Subventionen benötigen. Bei der Berechnung der Nutzen-Kosten-Quotienten kam das Opportunitätskostenprinzip, das die Äthanolrohstoffe zu Weltmarktpreisen als Referenzvariante heranzog, zur Anwendung.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Überlegenheit der Äthanolverwertungsvariante ist, daß beim Übergang von der Nahrungsmittel- zu einer Rohstofferzeugung keine Kostenremanenz eintritt. Vor allem sollten die "Exportkosten", die durch die bestehende Marktordnung für Brot- und Futtergetreide festgelegt sind, nicht auch die Äthanolerzeugung belasten. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht besteht nun für eine österreichische Äthanolerzeugung das Kernproblem darin, daß sowohl die Rohstofferzeugung als auch die Verwendung des Äthanols als Treibstoffadditiv sehr stark von der Dynamik der Weltmärkte für Getreide und Rohöl abhängen. Dieses Problem läßt sich aber mit der bestehenden Marktordnung nur sehr schwer beherrschen.

Selbstverständlich gibt es noch andere volkswirtschaftliche Auswirkungen, die von einem Alkoholprogramm ausgehen, die aber im Gutachten des Beirates nicht behandelt wurden. Bestünde z.B. eine Bereitschaft der Treibstoffkonsumenten, die inländische Äthanolerzeugung zu finanzieren, so wäre bei einer 2,6 %igen Beimischung eine Preiserhöhung von S 0,16/1 Benzin, bei einer 5 %igen Beimischung von S 0,33/1 Benzin erforderlich. Bei dieser Finanzierung käme es auch zu einer merkbaren Entlastung des Staatshaushaltes durch eingesparte Exportstützungen und Umsatzsteuermehreinnahmen.

Für langfristig positive Auswirkungen auf die Österreichische Handelsbilanz durch eine inländische Treibstoffäthanolerzeugung sind zwei Dinge ausschlaggebend, und zwar müßten sowohl die Herstellung und Lieferung der Erzeugungsanlagen als auch die Energiequellen inländischer Herkunft sein. Denn nur so könnte mit merkbaren Deviseneinsparungen auch auf lange Sicht gerechnet werden.

Müßte kurzfristig eine Treibstoffalkoholerzeugung anlaufen, so wäre aus der Sicht der verfügbaren Alkoholerzeugungstechnologie auf Stärkebasis mit den noch geringsten Schwierigkeiten bei einer Realisierung eines Treibstoffalkoholprogramms zu rechnen. Diese Feststellung ist zu begründen mit dem derzeitigen Stand der technischen Entwicklung, die das Produktions- und Investitionsrisiko beim Rohstoffproduzenten und -verarbeiter in Grenzen hält, sowie mit der Möglichkeit einer umweltneutralen Nebenproduktverwertung.

Auf Grund einer prozeßanalytischen Optimierung wäre der alleinige Einsatz von Industriemais für eine Treibstoffalkoholerzeugung am erfolgversprechendsten. Diese Tatsache dürfte auch für die USA zutreffen, denn 90 % des Treibstoffalkohols wird derzeit ausschließlich mit Mais erzeugt. Zweifellos bietet die Programmregion 1 für Österreich die günstigsten Ökonomischen Voraussetzungen für ein Treibstoffalkoholkonzept, welches nur Mais als Rohstoffbasis verwendet.

Rückblickend betrachtet war am Beginn der Diskussion (1979) um eine Äthanolbeimischung zum Treibstoff die Grenze der Wirtschaftlichkeit mit S 13,-/l Alkohol angegeben. Die vorgelegte Studie zeigt, daß beim geforderten Preis von ca. S 10,-/l Alkohol bei ausgewogenen Verträgen und durchschnittlichen Naturalerträgen sowohl die Rohstofferzeuger als auch die -verarbeiter Gewinne erzielen könnten. Bedenkt man, daß dies bei durchschnittlichen Erträgen möglich ist, ein gezielter Energiepflanzenbau noch nicht existiert und die technische Optimierung der Erzeugungsanlagen noch nicht abgeschlossen ist, so liegt es nahe, daß die Kosten der Treibstoffalkoholerzeugung sich zukünftig noch senken lassen.

Das Kapitel zur rohstofforientierten Break Even-Analyse zeigte darüber hinaus, daß noch andere Möglichkeiten der Preisfestsetzung existieren als die der Vollkostenrechnung. Die Forderung nach Deckung sämtlicher Fixkosten der gegenwärtigen Agrarproduktion durch eine zukünftige Rohstofferzeugung birgt die Gefahr, daß man sich aus dem zukünftigen Treibstoffmarkt im vorhinein hinauskalkuliert.

Bei einer konsequenten Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Treibstoffalkoholerzeugung ist festzustellen, daß sowohl einzel- wie auch gesamtwirtschaftlich die empfindlichen Fakten nicht die eigentlichen Konversionskosten sind, sondern die Rohstoffpreise, die Nebenproduktverwertung und zu einem sehr wesentlichen Teil der Substitutionswert des Äthanols im Treibstoffgemisch, die die hauptsächlichsten ökonomischen Probleme verursachen.

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