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SR052: Regionalforschung und Regionalpolitik im Grenzgebiet Österreich/Ungarn

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Hans ALFONS

Das Ziel des Seminars war vorerst lediglich, die begonnene Regionaluntersuchung in ihrer Durchführung und späteren Umsetzung zu unterstützen. Zunächst sollte eine Bestandsaufnahme des Vorhandenen erfolgen, dann sollten grundlegende Ziele und Maßnahmen dargestellt, Theorie und Praxis der Regionalplanung zur gegenseitigen Anregung miteinander konfrontiert und Ansatzpunkte für erfolgversprechende Kooperationen über die Grenze hinweg überlegt werden. Anderseits sollten Kontakte zwischen Forschern, Planern, Verwaltungsbeamten, Wirtschaftstreibenden, Politikern und Bewohnern beiderseits der Grenze zum besseren gegenseitigen Verständnis in einer anregenden Atmosphäre hergestellt werden. Vorwegnehmend kann gesagt werden, daß dieses Ziel erreicht wurde.

Die Vorträge und Diskussionen behandelten sehr ähnliche Probleme: Von einer fast identen Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur ausgehend, haben unterschiedliche gesellschaftspolitische Systeme und Zielsetzungen zu Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftsstruktur und zu ähnlich negativen Folgen geführt. Bors und Hasewend haben in fast gleichlautenden Formulierungen dargelegt, welche Maßnahmen dagegen ergriffen werden sollten;

  • Qualitative Verbesserungen in den Landregionen sind einzuleiten;
  • stärkere Kontrolle der Entwicklung in den Agglomerationen mit deren negativen Auswirkungen auf die Landregionen ist notwendig;
  • integrale Sicht der Maßnahmen, gezielt auf das Wohl des einzelnen Bürgers, ist vordringlich.

Dabei ist das Zusammenspiel von "infrastrukturellem, sozialem und kulturellem System", wie es Hasewend aufgezeigt hat, für eine positive Entwicklung unerläßlich. Bors hat auch deutlich darauf hingewiesen, daß die Unterschiedlichkeit zu beachten ist; nicht Egalisierung in den Regionen, sondern die Erhaltung der Individualität der Dörfer (bei Hasewend das "kulturelle System") muß das Ziel sein; die Identität muß bewahrt werden. Die in diesem Zusammenhang entstehenden Probleme und Spannungen zwischen Zentren und Umland haben Bora, Szabo und Schreiber in ihren Vorträgen dargestellt. Szabo hat Vorstellungen über gemeinsames Planen zu konkreten Problemen formuliert und Bora hat die besondere Bedeutung der Landwirtschaft dabei hervorgehoben.

Über theoretische Grundlagen und Überlegungen zu der begonnenen Regionaluntersuchung wurde von Greif referiert, der, ebenso wie auch Schreiber, auf die bestehenden Beschlüsse diverser Kommissionen zu Fragen der grenzüberschreitenden Raumordnung und Raumplanung und auf die schon bestehenden überregionalen Beziehungen verwiesen hat. Eine bedeutende Rolle kommt in dieser Grenzregion, wie mehrfach betont wurde, der Land- und Forstwirtschaft zu. Deshalb wird dem primären Wirtschaftssektor im Rahmen dieses Forschungsprojektes auch ein besonderes Augenmerk zugewendet werden. Das Forschungsinstitut für Agrarökonomik in Budapest ist in seiner Arbeit dabei schon weiter fortgeschritten als die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft in Wien und so konnte Csete in seinem Vortrag die regionale Bedeutung des Sektors Land- und Forstwirtschaft in diesem Grenzgebiet und die Entwicklungsmöglichkeiten im Detail aufzeigen. Mittelpunkt aller Planungen hat der Mensch, sei er nun Leidtragender oder Bevorzugter seiner Lebensumstände, zu sein. Dies hat auch als Leitlinie für diese Untersuchung zu gelten, an der von den Seminarteilnehmern allgemeines Interesse bekundet wurde. Es gilt nun, Daten und Fakten zusammenzutragen, sie einander gegenüberzustellen und zu vergleichen. In einem weiteren Schritt sind Vorschläge an die Adresse der Betroffenen und Entscheidungsträger für gemeinsame Aufgaben und Entwicklungen zu unterbreiten. Man kann wohl davon ausgehen, daß Planungen nur dann akzeptiert und in Aktivitäten umgesetzt werden können, wenn für die Betroffenen konkrete Maßnahmen gesetzt werden, sie sich Verbesserungen gegenüber der gegebenen Situation erwarten können bzw. sich zumindest damit identifizieren können. Deshalb sind die verschiedenen Ebenen der Planung und deren Bezug zum einzelnen Bürger zu beachten:

  • Planungen von zentralen Stellen, die mit ihren Entscheidungen den großen Rahmen abstecken und durch Beschlüsse in diversen Kommissionen (z.B. ÖUROK) zu gemeinsamem Vorgehen anregen; diese Instrumente wären zu aktivieren, sind aber nicht das Ziel des begonnenen Projektes;
  • Planungen für Wirtschaftszweige und von sektoralen Entwicklungen als Zwischenstufe und Entscheidungshilfe für
  • Aktivitäten einzelner Unternehmen, wodurch Planungen in konkretes Handeln umgesetzt werden, ebenso wie
  • Aktivitäten zur Erfüllung der Notwendigkeiten und Wünsche des einzelnen Individuums in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht.

Dabei geht es um die Optimierung des gesamten Raumes an der Grenze, die in der gegebenen Untersuchungs- und Planungsregion in den Vorträgen und Diskussionen des Seminars immer wieder angesprochene Schwerpunkte hat, und zwar:

  • Siedlungsentwicklung, quantitativ und der Struktur nach;
  • Infrastruktureinrichtungen in allen Dimensionen;
  • Flächenwidmung als grundlegende raumordnende Maßnahme;
  • Wirtschaftsentwicklung als materielle Basis der Bevölkerung in den Regionen mit vielen Ansatzpunkten in der Landwirtschaft, in Industrie und Gewerbe und im Tourismus, mit diversen Spezialformen des "sanften Tourismus" für diese Region, wie Bäder-, Nostalgie-, Jagd-, Erholungstourismus;
  • ökologische Anforderungen, Natur- und Umweltschutz; Schutz von Wasser, Luft und Boden sind mit einzubeziehen.

Das Seminar selbst war eine informelle Veranstaltung ohne Beschlußfassungen; deshalb wird es auch kein Protokoll im Üblichen Sinn geben. Der wertvolle Inhalt der Vorträge sollte aber in Form einer gemeinsamen Publikation in beiden Sprachen zusammengefaßt und weitergegeben werden. Nach diesem Seminar wird die Arbeit an den beiden Forschungsanstalten konkret beginnen, wobei um die wohlwollende Unterstützung der Vertreter der hier anwesenden Institutionen gebeten wird. Die Ergebnisse der Arbeit sollten in einem weiteren Seminar -unter Miteinbeziehung der Betroffenen - diskutiert werden, diesmal dann im österreichischen Grenzgebiet, und - wenn die Untersuchung ohne Verzögerungen wie geplant ablaufen kann - im Jahre 1989.

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