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SR083: Das Agrimonetäre System der EU

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Leonhard SIMON

Das Kapitel Chronologie des Agrimonetären Systems beginnt in den 60er Jahren, als die Gemeinsame Agrarpolitik gerade konzipiert wurde und wo es noch keine freien Wechselkurse, sondern feste, durch das Bretton-Woods-System geregelte Paritäten gab. Konstante Marktordnungspreise, die mit konstanten Paritäten umgerechnet wurden, ergaben konstante Marktordnungspreise in den nationalen Währungen. Nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems nahmen Anfang der siebziger Jahre die Wechselkursfluktuationen zu, wodurch die Stabilität der Agrarpreise in den nationalen Währungen gefährdet wurde. Um ungewollte Handelsströme zu verhindern, wurde 1969 der Währungsausgleich, auch Grenzausgleich genannt, eingeführt (WAG-Beträge). Die Agrarpreise wurden mit speziellen Wechselkursen umgerechnet.

Das agrimonetäre System mit Grünen Paritäten und Währungsausgleichsbeträgen wurde 1979 modifiziert. Damals wurde das Europäische Währungssystem (EWS) eingeführt und die Rechnungseinheit zum European Currency Unit (ECU) umgewandelt. Das EWS stellte einen Kompromiß zwischen fixen Paritäten und frei schwankenden Wechselkursen dar. Im EWS können die Währungen der EU zwar schwanken, aber nur innerhalb bestimmter Bandbreiten um eine fixe Parität, den sogenannten Leitkurs.

Im Jahre 1984 wurde dann das sogenannte Switch-over-System (SoS) eingeführt. Da die DM stets die stärkste Währung der EU war, hatte sich der Abstand zwischen dem DM/ECU-Leitkurs und der Grünen DM/ECU-Parität ständig vergrößert. Dadurch wurden die Agrarpreise in DM aus der Sicht der ausländischen Landwirte und Händler immer attraktiver, und es mußten große WAG-Beträge an den Grenzen der BRD angewandt werden, um Warenströme nach Deutschland zu unterbinden. Eine Aufwertung der DM im Vergleich zu den meisten anderen EU-Währungen hätte dazu geführt, daß die deutschen Bauern bei unveränderten Prämien in ECU geringere Prämien in DM bekommen hätten. Der Zweck des SoS war daher, einen Mechanismus zu schaffen, der Agrarpreissenkungen im Aufwertungsland verhinderte. Dieser Mechanismus bevorzugte positive Agrarpreisänderungen vor negativen, sodaß das Verhältnis zwischen dem Grünen ECU und dem EWS-ECU (der Berichtigungsfaktor) immer größer wurde.

Die ursprünglich für den 1. Jänner 1995 vorgesehene Neuregelung des agrimonetären Systems der EU konnte mit der VO(EG) 150/95 erst zum 1. Feber 1995 in Kraft treten. Wichtigste Änderung war die Abschaffung des Switch-over-Mechanismus, die aber so gestaltet wurde, daß sie für die aktuellen Agrarpreisniveaus in nationaler Währung folgenlos blieb. Für die Neufestsetzung des Landwirtschaftlichen Umrechnungskurses (LUK) war eine andere Neuerung von größerer Bedeutung: die Unterscheidung von "spürbaren" und "nicht spürbaren" Aufwertungen und damit verbunden, die Einführung von Beobachtungsperioden, die seit dem 1. Feber 1995 jeder Aufwertung der LUK vorangehen.

Das Kapitel Zusammensetzung und Wert des ECU zeigt das Prinzip und die Funktionsweise des ECU im Europäischen Währungssystem. Der im EWS definierte ECU setzt sich aus den fixen Beträgen der Währungen der EWS-Mitgliedstaaten zusammen. Der Wert dieses ECU gegenüber den Währungen der Mitgliedstaaten und auch gegenüber Währungen von Drittländern ermittelt sich aus den Dollarparitäten dieser Währungen.

Im chronologischen Überblick sind die verschiedenen Begriffe, die im Rahmen des agrimonetären Systems eine Rolle spielen, als bekannt vorausgesetzt worden. Zum besseren Verständnis war es angebracht, die Begriffe zu präzisieren und gegeneinander abzugrenzen; dies wurde im Kapitel 4 versucht.

Im Kapitel 5 werden die Regelungen der Freimargen, deren Überschreitung und die Beihilfen zum Währungsausgleich behandelt. Nach den geltenden agrimonetären Bestimmungen besteht bei Senkung des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses die Möglichkeit, Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen. Im Fall einer spürbaren Senkung des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses kann ein Mitgliedstaat um Beihilfe zum Währungsausgleich ansuchen. Einige Mitgliedstaaten, darunter Österreich, konnten den Landwirten eine Beihilfe zum Ausgleich der Verringerungen des Landwirtschaftlichen Umrechnungskurses (Hartwährungsausgleich) ihrer Währungen zugestehen. Diese Ausgleichsbeihilfen wurden aus dem EU-Gemeinschaftshaushalt finanziert. Eine Verdoppelung mit nationalen Mitteln war möglich. In Österreich wurden 1996 237,43 Mill. öS aus dem EU-Budget, 142,43 Mill. öS vom Bund und 94,96 Mill. öS von den Ländern ausbezahlt. 1997 wurden nur mehr 158,3 Mill. öS an EU-Mitteln bezahlt.

Im Kapitel 6 werden die Rechtsgrundlagen der agrimonitären Regelung aufgelistet und die sogenannten Maßgeblichen Tatbestände angeführt. Da jedes Geschäft, für das ein Preis oder ein Betrag gewährt wird, eine gewisse Zeit dauert, innerhalb derer sich der LUK ändern kann, müssen sogenannte maßgebliche Tatbestände definiert werden, deren Eintreten oder Erledigung maßgebend für die Heranziehung des jeweils gültigen LUK ist. Diese maßgeblichen Tatbestände sind für Ankaufs- oder Verkaufspreise (etwa durch eine Interventionsstelle) die Übernahme der betreffenden Erzeugnispartie durch den Käufer. Bei hektarbezogenen Beihilfen ist der maßgebliche Tatbestand der Beginn des Wirtschaftsjahres. Das bedeutet, daß eine Anpassung des LUK nicht immer unmittelbar wirksam wird, sondern jeweils erst ab Eintreten des neuen maßgeblichen Tatbestandes.

Im Kapitel 7 wurde das Europäische Währungssystem beschrieben: Das EWS ist ein Übereinkommen mit dem Ziel, in Europa eine Zone geldpolitischer Stabilität zu schaffen und so Wechselkursschwankungen zu verringern. Durch möglichst stabile Wechselkurse wollte man der europäischen Wirtschaft sichere Kalkulationsgrundlagen für den Außenhandel und grenzüberschreitende Investitionen bieten. Die zentralen Elemente des EWS sind die Europäische Korbwährung ECU, der Wechselkurs- und Interventionsmechanismus und ein finanzielles Beistandssystem. Heute sind, bis auf Großbritannien, Schweden und Griechenland alle Staaten der Europäischen Union Mitglieder des Wechselkursmechanismus des EWS, der mit 1. Jänner 1999 durch den neuen, auf den Euro ausgerichteten Wechselkursmechanismus abgelöst werden soll.

Mit der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und dem Übergang zum Euro steht der Europäischen Union die bisher wichtigste politische Aufgabe seit der Verabschiedung der Gründungsverträge zur Europäischen Gemeinschaft bevor. Der Landwirtschaftssektor erwartet sich von der WWU mit der Einführung des Euro das Ende der währungsbedingten Probleme, die in der Vergangenheit immer wieder die Preis- und Einkommensentwicklung der Bauern - in den Hartwährungsländern negativ - beeinflußt haben.

Innerhalb der Euro-Zone wird endlich das Wechselkursrisiko wegfallen. Im Gegensatz zum gewerblichen Bereich sind die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise über die Marktordnungen an die Europäische Währungseinheit (ECU) gebunden. Die Agrarmärkte unterliegen deshalb unmittelbar dem Wechselkursrisiko der jeweiligen nationalen Währung gegenüber dem ECU. Jahrelang hat die Landwirtschaft in Hartwährungsländern unter den wechselkursbedingten Wettbewerbsverzerrungen gelitten. Für die Mitgliedstaaten, die zunächst nicht an der Währungsunion teilnehmen, bleibt die Notwendigkeit eines agrimonetären Systems bestehen.

Die gemeinsame Währung wird neben dem Wegfall des Wechselkursrisikos im Währungsverbund zu mehr Preistransparenz und dadurch zu einem höheren Wettbewerbsdruck führen. Durch eine höhere Preistransparenz ist volkswirtschaftlich gesehen ein preisstabilisierender bzw. ein antiinflationärer Effekt zu erwarten. Für die Bauern selbst könnten sich dadurch sinkende Erzeugerpreise, aber auch sinkende Betriebsmittelpreise ergeben.

Da sämtliche Marktordnungspreise, Ausgleichszahlungen und sonstige relevanten Beträge im Rahmen der Agrarpolitik auf die neue Währung Euro umgestellt werden, hat die Wechselkursfixierung beim Übergang zum Euro, die nur durch einstimmigen Beschluß der Teilnehmerländer zustande kommen wird, große Bedeutung. Würde aber beispielsweise der Euro-Einstiegskurs einer Währung gegenüber dem "Grünen Kurs" oder gegenüber dem "eingefrorenen Grünen Kurs" eine Aufwertung bewirken, so könnten die Bauern des betreffenden Landes bei der Einführung des Euro eine dem Aufwertungssatz entsprechende Verminderung der Ausgleichszahlungen und Marktordnungspreise erleiden. Ein nicht "gerechter" Euro-Kurs birgt die Gefahr von Vermögensverlusten.

Vom 1-3. Mai 1998 entschieden die Staats- bzw. Regierungschefs anhand der Konvergenzkriterien, der Wirtschaftsergebnisse des Jahres 1997 und der Bereitschaft zur Teilnahme, welche Mitgliedstaaten der Währungsunion angehören sollen. Jene Mitgliedstaaten, die nicht von Anfang an dabei sind, können nachziehen, sobald sie dazu bereit sind und die Aufnahmekriterien erfüllen.

Mit dem 1. Jänner 1999 beginnt die Währungsunion. Die EU-Wirtschafts- und Finanzminister legen einstimmig und unwiderruflich die Umrechnungskurse zwischen den Währungen der teilnehmenden Länder und gegenüber dem Euro fest. Ab diesem Zeitpunkt existieren nur noch einheitliche Umrechnungskurse. An- und Verkaufskurse sowie Spannen im Wechselkursgeschäft gehören damit der Vergangenheit an.

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